Filmplakat: Brand

FBW-Pressetext

Im April 2015 wurde in Tröglitz, einer Stadt in Sachsen-Anhalt, eine Flüchtlingsunterkunft in Brand gesteckt. Der Bürgermeister der Stadt, der sich klar gegen Hetze und Gewalt und für Offenheit und Menschlichkeit positionierte, bekam, seitdem die Flüchtenden nach Tröglitz kamen, immer mehr den Hass vieler Bürger zu spüren. Ein Hass, der ihn letzten Endes dazu trieb, von seinem Amt zurückzutreten. Doch wie geht man um mit so viel Anfeindung und Aggression? Was bedeutet es für die Familie? Und wie kann man eine Heimat noch Heimat nennen, die sich gegen einen selbst stellt, weil man auch für Fremde eine Heimat bieten möchte? In ihrem Anima-Dokfilm BRAND gehen die Regisseure Jan Koester und Alexander Lahl sowie die Drehbuchautorin Elise Landschek genau diesen Fragen nach. Auf der Tonebene sind Interviews mit dem Bürgermeister und seiner Frau zu hören. Die Bilder, die man sieht, untermalen weniger Ereignisse als Eindrücke. Assoziativ übersetzen die Bilder das Gesagte in das Empfundene. Die Farben sind düster, der Strich der Zeichnungen ist rau, fast kann man das Verbrannte des Ortes sehen, so sehr schafft es der Film, eine Stimmung zu evozieren. In nur fünf Minuten gelingt hier eine bemerkenswert kluge und filmische eindrucksvolle Studie einer gesamtgesellschaftlichen Entwicklung unserer Zeit.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Jan Koester; Alexander Lahl
Drehbuch:Elise Landschek
Kamera:Jan Koester
Schnitt:Jan Koester
Musik:Hannes Schulze
Länge:5 Minuten
Produktion: mobyDOK GmbH

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Der Ort, die Protagonisten und die Zeit sind genau zu bestimmen: In BRAND werden Vorkommnisse in Töglitz in Sachsen-Anhalt geschildert, die dem ehrenamtlichen Bürgermeister und seiner Frau im Jahr 2015 zugestoßen sind. Als sie sich für die Aufnahme von Geflüchteten aussprachen, wurde das ganze Dorf zu ihrem Gegner. Es gab einen Brandanschlag, Bedrohungen und mit der Post wurde Gülle geschickt. Auf der Tonebene erzählen die beiden Betroffenen von diesen Erfahrungen, doch mit ihren Bildern gelingt es Jan Koester und Alexander Lahl, Töglitz in eine Seelenlandschaft zu verwandeln. Wenn das Paar von den Gefühlen und Ängsten spricht, die durch das kollektive Mobbing bei ihnen ausgelöst wurden, dann werden auch die Bilder des Films in diese Emotionen und Stimmungen getaucht. Dazu werden Filmaufnahmen als Aquarelle nachgezeichnet und animiert, sodass es etwa möglich wird, dass die Häuser des Ortes sich voneinander weg bewegen und dass schließlich alle isoliert im leeren Raum stehen. Bei einer Begegnung auf der Straße lösen sich ein Passant und die Straße langsam auf, bis nur noch seine Augen auf einer weißen Fläche übrig bleiben. Koester und Lahl gelingt es hier sehr beeindruckend, verstörende Bilder für die von den Protagonisten beschriebenen Emotionen zu finden. Da ist nichts hell oder leuchtend. Stattdessen scheint sich der Ruß des verbrannten Hauses auf den ganzen Ort gelegt zu haben. Auch das Sounddesign und die sparsam eingesetzte Musik erhöhen das Gefühl einer ständigen Bedrohung. Koester und Lahl stellen hier die Frage nach den Kosten von Zivilcourage, denn wenn die Protagonisten sich fragen, ob es das wert war, und ob sie nicht selber auch bald so etwas wie Geflüchtete sind, gibt es darauf keine einfache, optimistische Antwort. Koester und Lahl ist hier ein wichtiger Film gelungen, der sich sehr gut für den Einsatz an Schulen und für die politische Bildung eignet. Vor allem haben sie aber für dieses Lehrstück eine künstlerisch überzeugende und konsequent umgesetzte Form gefunden, sodass BRAND mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ ausgezeichnet wird.