Boxhagener Platz

Kinostart: 04.03.10
VÖ-Datum: 10.09.10
2010
Filmplakat: Boxhagener Platz

FBW-Pressetext

Der heranwachsende Holger erlebt die aufwühlenden politischen Veränderungen des Jahres 1968 im Kiez am Boxhagener Platz in Ostberlin. Revolte, Linientreue und Flucht in den Westen sind die zentralen Themen in diesem Mikrokosmos, der plötzlich durch einen rätselhaften Mord an einem Fischhändler aus der Nachbarschaft in Unruhe gerät. Regisseur Matti Geschonneck zeichnet nach der gleichnamigen Romanvorlage von Torsten Schulz ein dichtes Sittenbild der Ostberliner Gesellschaft mit einer beeindruckend authentischen Ausstattung nach. Gudrun Ritter als Oma Otti und der Newcomer Samuel Schneider als Holger sowie seine Eltern gespielt von Meret Becker und Jürgen Vogel bieten eine brillante schauspielerische Leistung, die abgerundet wird von namhaften, ehemaligen DEFA-Darstellern in stimmig eingeflochtenen Nebenrollen. Eine hervorragende Melange aus privater Geschichte und politischen Umständen!

Filminfos

Kategorie:Spielfilm
Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:Matti Geschonneck
Darsteller:Michael Gwisdek; Jürgen Vogel; Horst Krause; Gudrun Ritter; Samuel Schneider
Drehbuch:Torsten Schulz
Buchvorlage:Torsten Schulz
Kamera:Martin Langer
Schnitt:Dirk Grau
Musik:Florian Tessloff
Webseite:boxhagener-platz-film.de;
Länge:103 Minuten
Kinostart:04.03.2010
VÖ-Datum:10.09.2010
Verleih:Pandora
Produktion: Claussen + Putz Filmproduktion GmbH, RBB; Studio Babelsberg; WDR; arte;
FSK:6
Förderer:FFA; BKM; MBB; DFFF; MDM
DVD EAN-Nummer:4042564124606
Anbieter-Link:

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

BOXHAGENER PLATZ „der erste Kinofilm des Regisseurs seit MOEBIUS (1991) - allerdings nach einer stattlichen Anzahl vorzüglicher Fernsehfilme - ist für Matti Geschonneck ein „Heimatfilm". In mehrfacher Hinsicht. Geschonneck wuchs in unmittelbarer Nähe auf, erlebte in den erzählten Jahren seine DDR-Sozialisation. Es ist ein Blick zurück, nicht im Zorn, aber auch nicht mit einem „Ostalgie"-Etikett. Es ist schon eine besondere, ganz eigene und persönliche Reflexion.

BOXHAGENER PLATZ erinnert an das Lebensgefühl einer versunkenen Welt, mit ihren Abschottungen und Limitierungen, dem sich einrichten in Nischen, dem Balancieren zwischen Räsonieren, Aufmüpfigkeit und Schweigen. Es geht um kleine Freuden und große Sehnsüchte.

Wir sehen mit den Augen eines 12-Jährigen auf diese Welt, lernen mit ihm die wundervolle, lebensschlaue Oma Otti kennen, die mehrere Ehemänner überlebt hat und wieder die Liebe wagt. Es kommt zur Begegnung mit dem einstigen Spartakisten Karl Wegner („...ist immer alles schief gegangen, was wir uns erträumt hatten."), bei dem die einstigen Utopien und Träume der Ernüchterung weichen.

Das Biotop des Kiezes wird aber auch von der „großen Zeitgeschichte berührt: Von den Dächern regnen Flugblätter gegen den Einmarsch der „Bruderländer“ in die CSSR, in Westberlin revoltieren die Studenten. Der „Heimatfilm" fügt sich zu einem markanten filmischen Sittenbild der DDR. Es ist keine grelle, plakative Zeichnung, kein Gestus hysterischer Polemik oder ein Baden in Betroffenheiten. Es ist ein eher stilles, grüblerisches Nachdenken, ein Nachdenken über innere Befindlichkeiten, die das System überlebt haben. Die „Enge" des Boxhagener Platzes ist keine Enge des Films. Der Film öffnet Räume der Assoziationen und Reflexionen. Er gibt z.B. Anlass, über Adornos berühmten Satz „Es gibt kein richtiges Leben im falschen" zu meditieren.