Filmplakat: As Much As Anyone

FBW-Pressetext

Wer es in der großen Glitzerwelt Hollywoods als Schauspielerin zu etwas bringen will, muss hart an sich arbeiten. Es reicht nicht, talentiert zu sein. Man muss die Beste sein. Leidensfähig. Eine Verwandlungskünstlerin. Und immer in der Lage, eine andere Rolle einzunehmen. Der Filmemacher Stefan Ramírez Pérez setzt diese Anforderungen an Schauspielerinnen in seinem Film AS MUCH AS ANYONE in einen spielerischen und experimentellen Kontext. Die Aussagen verschiedener Schauspielerinnen über diverse Vorsprechen lässt Ramírez Pérez von verschiedenen Darstellerinnen interpretieren. Der Zuschauer kann sich nie sicher sein, welche Interpretation „echt“, welche inszeniert ist. So spielt der Film mit der Vorstellung von Rollenklischees, mit Vorstellungen von Identität und Individualität. Und trotz seiner starken Künstlichkeit vermitteln sich die Emotionen der Geschichten, was die starke und symbolhafte Farbsetzung (der rote Teppich, der glänzende Vorhang, die blonde Perücke) noch unterstützt. AS MUCH AS ANYONE ist inspirierende Verbeugung vor der Magie des Schauspiels und desillusionierende Offenlegung ihrer Mechanismen gleichermaßen.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Experimentalfilm; Kurzfilm
Regie:Stefan Ramírez Pérez
Drehbuch:Stefan Ramírez Pérez
Kamera:Ian Purnell
Schnitt:Stefan Ramírez Pérez
Länge:16 Minuten
Produktion: Kunsthochschule für Medien Köln
Förderer:Kunsthochschule für Medien Köln

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Ein knallroter Teppich klatscht auf einen Fußboden, dann legt sich eine Frau im hellblauen Kleid darauf. Schon in seiner ersten Einstellung kann sich AS MUCH AS ANYONE der Aufmerksamkeit seiner Zuschauer sicher sein. Ästhetisch reizvoll, immer auf das Farbspiel bedacht, zeigt er Schauspielerinnen, die Szenen ihres beruflichen Lebens wiedergeben. Dabei ist nicht von vornherein sicher, ob sie vor der Kamera dokumentarisch erzählen oder ob sie spielen, denn die Kamera hat in AS MUCH AS ANYONE gleich mehrere Funktionen.

Erst in der Diskussion schaffte es die Jury, sich ein kohärentes Bild der verschiedenen Ebenen in Stefan Ramírez Pérez experimentellem Kurzfilm zu verschaffen. AS MUCH AS ANYONE zeigt vier aufstrebende Schauspielerinnen unterschiedlichen Alters, die alle versuchen, in Los Angeles Fuß zu fassen. Alle vier haben ein anderes Leben hinter sich gelassen. um beim Film Anerkennung zu finden, alle vier haben gute und vor allem auch schlechte Erfahrungen in der Film- und Fernsehstadt gemacht.

Für AS MUCH AS ANYONE mixt Pérez Interviewsequenzen und Spielszenen, Eindrücke aus dem realen Schauspielerinnenleben und Interpretationen adäquater Rollen aus Theaterstücken. Die Schauspielerinnen präsentieren sich selbst, inszenieren aber auch das Leben ihrer Kolleginnen auf der Bühne. Die Wirkung ist verblüffend. Auch wenn Peréz‘ UHD-Kamera die Verletzlichkeit der Protagonistinnen festhalten kann, verwischen die Charaktere zunehmend, die Figuren der Schauspielerinnen erscheinen immer austauschbarer, was sie im realen Berufsleben zumeist und leider auch sind. Durch einfache, fast willkürlich erscheinende Schnitte getrennt, haben die Szenen einen ungemein hohen Wirkungsgrad. In knapp 17 Minuten Lauflänge entfaltet AS MUCH AS ANYONE einen intensiven Eindruck der Vergeblichkeit, der Desillusionierung des Schauspielerinnenlebens in der tristen Scheinwelt von Los Angeles.

Dabei scheint der Jury nichts an AS MUCH AS ANYONE sich selbst überlassen, nichts herkömmlichen, filmischen Konventionen gehorchend. Der rote Teppich, auf dem die vier Aspirantinnen darstellen, wirkt minderwertig und billig. Das Zimmer, in dem sie vorsprechen, wirkt heruntergekommen. Zu hören bekommt der Zuschauer neben den Stimmen der Schauspielerinnen nur das beständige Rauschen von Heizungen, Verkehr und Klimaanlagen. Auch wenn die Räume nicht unsauber sind, strahlt die gesamte Ausstattung eine Morbidität aus, die die Jury als Äquivalent der – seit Jahren kränkelnden – Filmmetropole der USA erkennt.

Nach der anfänglichen Verwirrung zeigt sich die Jury begeistert von der Kraft, mit der Stefan Ramírez Pérez von der Realität des Schauspielerinnendaseins in der Filmmetropole berichtet. AS MUCH AS ANYONE ist ein überaus wirkungsvoller Film, ein Film über den diskutiert werden muss, damit sich das ganze Spektrum seiner Geschichte erschließen lässt.