Armed Lullaby

Filmplakat: Armed Lullaby

FBW-Pressetext

Sochumi, Georgien, 1993. Am 27. September brechen während des Bürgerkriegs abchasische Freischärler und ihre Alliierten einen Waffenstillstand und stürmen die Stadt. Unzählige Menschen werden in den Straßen gefoltert und getötet, über 7000 Menschen fallen dem Massaker zum Opfer. Der Animationskurzfilm ARMED LULLABY von Yana Ugrekhelidze berichtet von den Vorgängen in Sochumi und wählt dafür die kindliche Perspektive. In knapp 9 Minuten beschreibt sie die Fluchtwege von vier Kindern. Der Weg zum Hafen und zum Bahnhof, die drängenden Menschen, der sehnsuchtsvolle und angsterfüllte Blick zurück auf die Heimat, die man zurücklässt, das Verstecken im Wald in den Bergen, die Todesangst vor den Verfolgern. Der Zeichenstil ist minimalistisch, Ugrekhelidze arbeitet mit der Cut-Out-Technik, vermischt Fotografien mit Animationen, was den Authentizitätsgehalt und den universellen Charakter der Eindrücke nur verschärft. Ohne Dialoge, ohne erklärenden Kommentar vermitteln sich eindrücklich die Bedrohung, die Angst – und auch der kindliche Blick, der dieses Grauen nicht begreifen kann. Eine wahre Geschichte, klug, reflektiert und eindrücklich erzählt.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Animationsfilm; Kurzfilm
Regie:Yana Ugrekhelidze
Drehbuch:Yana Ugrekhelidze
Kamera:Yana Ugrekhelidze
Schnitt:Hannah Rosh
Musik:Tbilisi State Opera and Ballet Ensemble „ Suliko”
Länge:8 Minuten
Produktion: Kunsthochschule für Medien Köln
Förderer:Kunsthochschule für Medien Köln

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Basierend auf einem realen Ereignis, das Georgien im Zuge des Unabhängigkeitskampfs nach dem Zerfall der Sowjetunion erschütterte, hat Yana Ugrekhelidze auf sehr eindrückliche Weise das Massaker von Sochumi in einfache, aber eindrückliche Bilder gefasst und daraus ihren Kurzfilm ARMED LULLABY geformt, der an das Massaker vom 27. September 1993 erinnert.

Über eine Laufzeit von acht Minuten zeigt sie exemplarisch und aus der Sicht von Kindern vier Fluchtwege, die es so tatsächlich gegeben hat und setzt diese recherchierten realen Ereignisse mittels einer ebenso eindrücklichen wie ästhetisch ansprechen Animationstechnik, die grafische und fotografische Elemente miteinander verbindet, sowie pointierter Montage gekonnt um. Der Verfremdungseffekt der - so schien es der Jury - verwendeten Originalaufnahmen aus jener Zeit ist aufgrund der Bearbeitung des Ausgangsmaterials enorm: Ohne den Ursprung zu verleugnen, wird aus ARMED LULLABY ein eindrucksvolles Statement gegen Krieg, Gewalt, Vertreibung und Tod, dessen Wirkung man sich (auch wegen der wirkmächtigen Musik) nicht entziehen kann.

Besonders zwei Szenen sind der Jury dabei im Gedächtnis geblieben: In einer greifen überdimensionierte Hände nach den Kindern, in einer zweiten werden diese von der schieren Menschenmasse beinahe erdrückt. In beiden arbeitet Yana Ugrekhelidze gekonnt mit Größenverhältnissen und bringt so die subjektive Erfahrung der kindlichen Lebenswelt geschickt mit ein als dramaturgisches Prinzip. Ein einfacher, aber umso wirkungsvollerer Kniff, der verdeutlicht, wie schutzlos gerade Kinder gewalttätigen Konflikten ausgeliefert sind.

Die Jury der FBW entschied sich einstimmig für die Erteilung des Prädikats „besonders wertvoll“.