Angelus mortis

FBW-Pressetext

Josef Mengele - ein Name, der aufgrund seiner unmenschlichen Experimente stellvertretend für einen grauenhaften Zeitabschnitt der deutschen Vergangenheit steht. Ein Überlebender dieser real gewordenen Hölle ist Hugo Höllenreiner, ein Zeitzeuge von außergewöhnlichem Format. In geradezu rationaler Manier, konfrontiert Dokumentarfilmer Simon Ritzler sowohl seinen Interviewpartner als auch den Zuschauer mit einem bestialischen Teil deutscher Geschichte. Das Hinsehen wird zu einer tour de force, doch ein Wegsehen ist unmöglich. Dabei findet Ritzler gelungene Wege, die Unmenschlichkeit der geschichtlichen Tatsachen mit der Menschlichkeit Höllenreiners zu kombinieren, ohne dabei eine effekthascherische Wirkung zu provozieren. Angelus mortis ist ein stilsicheres, gut recherchiertes und historisch besonders wertvolles Dokument.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Simon Ritzler
Darsteller:Hugo Höllenreiner
Drehbuch:Simon Ritzler
Länge:35 Minuten
Verleih:Filmakademie Baden-Württemberg
Produktion: Filmakademie Baden-Württemberg GmbH, Simon Ritzler, Anges Landen, Martin Wippler
Förderer:Filmakademie Baden-Württemberg

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Es ist ein besonderes Verdienst von Simon Ritzler, mit dem Sinti Hugo Höllenreiner einen Zeitzeugen von außergewöhnlichem Format gefunden zu haben. Für den Zuschauer fast unfassbar sachlich, ja geradezu rational streng, eindrucksvoll glaubhaft und trotz aller Emotionen streng kontrolliert berichtet dieses Opfer über sein Schicksal, das sich vor über 60 Jahren in Auschwitz vollzogen hat. Vom Regisseur gut auf das lange Interview vorbereitet, ihm trotz aller Fragen nach intimen Details immer seine Würde belassend bekommen wir zum ersten Mal in dieser erschreckend realistischen Deutlichkeit ein Bild des „Todesengels von Auschwitz“, Dr. Josef Mengele.

Eine hervorragende Montagearbeit unterteilt die Interviewpassagen Höllenreiners mit Texttafeln über Zitate von Zeitzeugen der verbrecherischen Experimente Mengeles in Auschwitz und führen den Zuschauer immer wieder geschickt auf eine rationale Ebene zurück. Besonders gelungen ist auch die Einbringung einer Vielzahl von bewegenden Fotos: sie an Wände eines Kellerlabyrinths zu drapieren und die Kamera dramaturgisch genau abgestimmt an ihnen vorbei gleiten zu lassen, aber auch im Zoom auf sie zuzufahren, ist ein gelungenes formales Element.

Insgesamt ein historisch wertvolles Dokument, gut recherchiert und durch die Konzentration auf das Interview mit nur einem Opfer mit großem Berührungs- und Identifikationspotential. Die dramaturgische Konzeption, die Kameraarbeit sowie die Montage genügen höchsten handwerklichen Ansprüchen.