Alamo

1959
Filmplakat: Alamo

Jurybegründung

Der Bewertungsausschuss hat dem Film das Prädikat „Besonders wertvoll" verliehen. Damit wollte er in erster Linie die beispielhafte Leistung der Regie und die ungewöhnliche Qualität der Begleitmusik auszeichnen. Dabei war sich der Ausschuss vollkommen klar darüber, dass es sich hier um einen Film ohne tiefere Bedeutung handelt. Die Fabel des Films hätte die Erteilung des höchsten Prädikates keinesfalls nahe gelegt. Im Genre des Monumentalfilms jedoch ist hier von der Regie her eine so überragende Leistung vollbracht worden, dass über gewisse Seichtheiten und Sentimentalitäten der Fabel hinweggesehen werden durfte. Die Regie hat für die Bewältigung des Todd-AO-Verfahrens Maßstäbe gesetzt, die für die Beurteilung künftiger Filme im gleichen Verfahren nahezu verbindlich sein dürften. Hier wurde nirgends mehr mit den Möglichkeiten des Todd-AO-Verfahrens geprotzt, auch nirgends der oberflächliche Bildeffekt angestrebt. Dagegen hat die Regie in beispielhafter Weise demonstriert, daß bei der Anwendung des Todd-AO-Verfahrens der Lichtregie eine vollkommen neue Bedeutung zukommt. Die Regie war auch mutig genug, bei der Entfaltung eines neuen Regiestils für das Todd-AO-Verfahren auf gewisse Stilmittel der Theaterregie zurückzugreifen. Die Bewältigung dieser neuen Stilmittel ist ungemein interessant und überzeugend.

Die etwas oberflächliche Fabel ist dennoch ganz auf das neue Verfahren zugeschnitten. Sie lässt der Regie viel Zeit zur Entfaltung großer Bildräume und zur eindringlichen Darstellung der handelnden Personen in bedächtig inszenierten Zwiegesprächen und Auseinandersetzungen. Die Fabel ist daher sehr einfach gehalten und hat einen fast legendären Gehalt, auch wenn sie gelegentlich mit ein paar entbehrlichen Sentimentalitäten durchsetzt wurde. Gerade in ihrer volkstümlichen Schlichtheit bietet die Fabel eine vorzügliche Grundlage für die große epische Bilderzählung, die von der Regie in einem immer wieder faszinierenden Bildwechsel entfaltet wird. Im Wechsel der Szenen fällt vor allem der sorgfältig disponierte Rhythmus zwischen Massenszenen und verhaltenen Intimszenen auf, der von der Musik hervorragend sekundiert wird. Die Regie hat den Film völlig auf das Bild abgestellt, und zwar mit einer solchen Intensität der optischen Dramaturgie, daß man den etwas oberflächlich geratenen Dialog häufig überhört. Die Bilder sind mit einer erstaunlichen Präzision aufgebaut. Jeder einzelne Schatten hat in der Bild-Dramaturgie seine optische Bedeutung. Dabei ist es kennzeichnend für den Regiestil, dass zunächst meistens so etwas wie ein „stehendes Bild" präsentiert wird, das jeweils an gewisse Werke der Malerei erinnert. Erst dann wird das Bild in Bewegung gesetzt. Dabei bedient sich die Regie besonders des Lichtes, mit dem sie die hinteren Regionen des Raumes ausleuchtet. Entsprechend komponiert die Regie mit der Farbe, die ebenfalls zur Belebung des Raumes verwendet wird. Angesichts dieser perspektivischen Farbstufungen gebührt der Farbfotografie eine besondere Anerkennung.

Die Kamera bleibt während des ganzen Films sehr ruhig. Auch darin machen sich Stilmittel der Theaterregie bemerkbar. Um so reizvoller wirken dann überraschende Bewegungseffekte der Kamera. Beispielhaft dafür ist die Abschiedszene zwischen David und Flaca unter dem riesigen Baum am Flussufer, wenn die Kamera langsam in die Baumkrone hoch schwenkt und dann hoch oben aus der Baumkrone das Paar am Ufer fotografiert. In derartigen Bildfolgen „erzählt" die Kamera. Vollendet ist die Massenregie, die ihre temperamentvollen Höhe¬punkte bei dem nächtlichen Ausfall zur Einholung des Schlachtviehs, vor allem aber in den Bildfolgen von den Angriffen auf das Fort erreicht mit der optisch faszinierenden Staffelung der angreifenden Truppen bis hin zu den turbulenten Kampfszenen innerhalb des zerstörten Forts. Hier sind der Regie leider etwas blutrünstige und allzu dick aufgetragene Realismen unterlaufen, die durchaus entbehrlich wären.

Zu den beispielhaften Mitteln der Regie gehört nicht zuletzt das technisch hervorragend bewältigte Mittel der Überblendungen, das an dramaturgisch entscheidenden Punkten den Schnitt ersetzt.

In den Hauptrollen hatte die Regie Darsteller zur Verfügung, deren Schauspielkunst das übliche Niveau derartiger Monumentalfilme beträchtlich überragt. Vor allem Laurence Harvey als Colonel Travis verdient hohe Anerkennung, weil er eine sehr schwierige Rolle zu bewältigen hatte, deren kühles Temperament ihm keine mimischen Ausbrüche erlaubte. Zudem musste Harvey einen Mann spielen, der dem Publikum zunächst recht unsympathisch erscheint. Es gelang Harvey, mit sparsamsten Mitteln die versteckte Menschlichkeit dieses so kühl beherrschten Kommendanten offenkundig zu machen. Auch die beiden Gestalten des Crocket und Bowie sind in ihrer verschiedenen Mentalität vorzüglich gegeneinander abgesetzt.

Eine der erfreulichsten Überraschungen dieses Films ist die Begleitmusik, die bei vollem, dem Stil des Films angemessenem Einsatz der Instrumente dennoch niemals aufdringlich wirkt. Sie folgt stets der dramaturgischen Disziplin der Regie und besitzt doch einen nicht alltäglichen Eigenwert.

Endlich möchte der Ausschuss auch seine Bedenken noch aussprechen. Im Aufbau des Drehbuches hat der Film einige dramaturgische Schönheitsfehler. In der Exposition wird der Betrachter nicht ausreichend informiert. Es dauert eine ganze Weile, ehe man sich in der Entwicklung des Kampfes zwischen den Freiheitskämpfern und der vorrückenden mexikanischen Armee einigermaßen zurechtgefunden hat. Dieser Fehler hätte sich durch eine präzisere Unterrichtung im Vorspann leicht beheben lassen. Außerdem wurden einige Nebenhandlungen unmotiviert abgebrochen, wie zum Beispiel in der Geschichte zwischen Flaca und James, die beide ganz unversehens aus der Handlung verschwinden. Bedauerlich bleibt der Versuch, die Fabel mit phrasenartigen Redensarten zu überhöhen. Dabei hat man sich auch vor religiösen Allgemeinplätzen nicht gescheut.

Die Regieleistung erschien dem Ausschuss jedoch so bedeutsam, dass er alle Bedenken zurückstellte, um die volle Aufmerksamkeit auf die stilbildende Bedeutung dieses Films zu lenken.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Kategorie:Spielfilm
Regie:John Wayne
Darsteller:John Wayne; Richard Widmark; Laurence Harvey; Frankia Avalon; Pat Wayne; Linda Cristal
Drehbuch:James Edward Grant
Kamera:William H. Clothier
Schnitt:Stuart Gilmore
Musik:Dimitri Tiomkin
Produktion: , Batjac Productions, Inc., Hollywood, Calif.

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Der Bewertungsausschuss hat dem Film das Prädikat „Besonders wertvoll" verliehen. Damit wollte er in erster Linie die beispielhafte Leistung der Regie und die ungewöhnliche Qualität der Begleitmusik auszeichnen. Dabei war sich der Ausschuss vollkommen klar darüber, dass es sich hier um einen Film ohne tiefere Bedeutung handelt. Die Fabel des Films hätte die Erteilung des höchsten Prädikates keinesfalls nahe gelegt. Im Genre des Monumentalfilms jedoch ist hier von der Regie her eine so überragende Leistung vollbracht worden, dass über gewisse Seichtheiten und Sentimentalitäten der Fabel hinweggesehen werden durfte. Die Regie hat für die Bewältigung des Todd-AO-Verfahrens Maßstäbe gesetzt, die für die Beurteilung künftiger Filme im gleichen Verfahren nahezu verbindlich sein dürften. Hier wurde nirgends mehr mit den Möglichkeiten des Todd-AO-Verfahrens geprotzt, auch nirgends der oberflächliche Bildeffekt angestrebt. Dagegen hat die Regie in beispielhafter Weise demonstriert, daß bei der Anwendung des Todd-AO-Verfahrens der Lichtregie eine vollkommen neue Bedeutung zukommt. Die Regie war auch mutig genug, bei der Entfaltung eines neuen Regiestils für das Todd-AO-Verfahren auf gewisse Stilmittel der Theaterregie zurückzugreifen. Die Bewältigung dieser neuen Stilmittel ist ungemein interessant und überzeugend.
Die etwas oberflächliche Fabel ist dennoch ganz auf das neue Verfahren zugeschnitten. Sie lässt der Regie viel Zeit zur Entfaltung großer Bildräume und zur eindringlichen Darstellung der handelnden Personen in bedächtig inszenierten Zwiegesprächen und Auseinandersetzungen. Die Fabel ist daher sehr einfach gehalten und hat einen fast legendären Gehalt, auch wenn sie gelegentlich mit ein paar entbehrlichen Sentimentalitäten durchsetzt wurde. Gerade in ihrer volkstümlichen Schlichtheit bietet die Fabel eine vorzügliche Grundlage für die große epische Bilderzählung, die von der Regie in einem immer wieder faszinierenden Bildwechsel entfaltet wird. Im Wechsel der Szenen fällt vor allem der sorgfältig disponierte Rhythmus zwischen Massenszenen und verhaltenen Intimszenen auf, der von der Musik hervorragend sekundiert wird. Die Regie hat den Film völlig auf das Bild abgestellt, und zwar mit einer solchen Intensität der optischen Dramaturgie, daß man den etwas oberflächlich geratenen Dialog häufig überhört. Die Bilder sind mit einer erstaunlichen Präzision aufgebaut. Jeder einzelne Schatten hat in der Bild-Dramaturgie seine optische Bedeutung. Dabei ist es kennzeichnend für den Regiestil, dass zunächst meistens so etwas wie ein „stehendes Bild" präsentiert wird, das jeweils an gewisse Werke der Malerei erinnert. Erst dann wird das Bild in Bewegung gesetzt. Dabei bedient sich die Regie besonders des Lichtes, mit dem sie die hinteren Regionen des Raumes ausleuchtet. Entsprechend komponiert die Regie mit der Farbe, die ebenfalls zur Belebung des Raumes verwendet wird. Angesichts dieser perspektivischen Farbstufungen gebührt der Farbfotografie eine besondere Anerkennung.
Die Kamera bleibt während des ganzen Films sehr ruhig. Auch darin machen sich Stilmittel der Theaterregie bemerkbar. Um so reizvoller wirken dann überraschende Bewegungseffekte der Kamera. Beispielhaft dafür ist die Abschiedszene zwischen David und Flaca unter dem riesigen Baum am Flussufer, wenn die Kamera langsam in die Baumkrone hoch schwenkt und dann hoch oben aus der Baumkrone das Paar am Ufer fotografiert. In derartigen Bildfolgen „erzählt" die Kamera. Vollendet ist die Massenregie, die ihre temperamentvollen Höhe¬punkte bei dem nächtlichen Ausfall zur Einholung des Schlachtviehs, vor allem aber in den Bildfolgen von den Angriffen auf das Fort erreicht mit der optisch faszinierenden Staffelung der angreifenden Truppen bis hin zu den turbulenten Kampfszenen innerhalb des zerstörten Forts. Hier sind der Regie leider etwas blutrünstige und allzu dick aufgetragene Realismen unterlaufen, die durchaus entbehrlich wären.
Zu den beispielhaften Mitteln der Regie gehört nicht zuletzt das technisch hervorragend bewältigte Mittel der Überblendungen, das an dramaturgisch entscheidenden Punkten den Schnitt ersetzt.
In den Hauptrollen hatte die Regie Darsteller zur Verfügung, deren Schauspielkunst das übliche Niveau derartiger Monumentalfilme beträchtlich überragt. Vor allem Laurence Harvey als Colonel Travis verdient hohe Anerkennung, weil er eine sehr schwierige Rolle zu bewältigen hatte, deren kühles Temperament ihm keine mimischen Ausbrüche erlaubte. Zudem musste Harvey einen Mann spielen, der dem Publikum zunächst recht unsympathisch erscheint. Es gelang Harvey, mit sparsamsten Mitteln die versteckte Menschlichkeit dieses so kühl beherrschten Kommendanten offenkundig zu machen. Auch die beiden Gestalten des Crocket und Bowie sind in ihrer verschiedenen Mentalität vorzüglich gegeneinander abgesetzt.
Eine der erfreulichsten Überraschungen dieses Films ist die Begleitmusik, die bei vollem, dem Stil des Films angemessenem Einsatz der Instrumente dennoch niemals aufdringlich wirkt. Sie folgt stets der dramaturgischen Disziplin der Regie und besitzt doch einen nicht alltäglichen Eigenwert.
Endlich möchte der Ausschuss auch seine Bedenken noch aussprechen. Im Aufbau des Drehbuches hat der Film einige dramaturgische Schönheitsfehler. In der Exposition wird der Betrachter nicht ausreichend informiert. Es dauert eine ganze Weile, ehe man sich in der Entwicklung des Kampfes zwischen den Freiheitskämpfern und der vorrückenden mexikanischen Armee einigermaßen zurechtgefunden hat. Dieser Fehler hätte sich durch eine präzisere Unterrichtung im Vorspann leicht beheben lassen. Außerdem wurden einige Nebenhandlungen unmotiviert abgebrochen, wie zum Beispiel in der Geschichte zwischen Flaca und James, die beide ganz unversehens aus der Handlung verschwinden. Bedauerlich bleibt der Versuch, die Fabel mit phrasenartigen Redensarten zu überhöhen. Dabei hat man sich auch vor religiösen Allgemeinplätzen nicht gescheut.
Die Regieleistung erschien dem Ausschuss jedoch so bedeutsam, dass er alle Bedenken zurückstellte, um die volle Aufmerksamkeit auf die stilbildende Bedeutung dieses Films zu lenken.