Wer wenn nicht wir

Kinostart: 10.03.11
2011
Filmplakat: Wer wenn nicht wir

FBW-Pressetext

Deutschland vor Beginn des Terrorismus: Der Student Bernward Vesper, Sohn eines NS-Schriftstellers, kommt in den frühen Sechziger Jahren nach Tübingen und lernt dort die junge Studentin und Pfarrerstochter Gudrun Ensslin kennen. Bald wird daraus eine leidenschaftliche, co-abhängige Liebe. Zusammen ziehen sie nach Berlin und gründen einen eigenen Verlag. Doch dann bricht der Deutsche Herbst über die Liebenden herein. Regisseur Andreas Veiel überzeugt nach Dokumentar-Erfolgen mit seinem ersten Spielfilm. Er zeichnet nicht nur ein sehr genaues Bild der Gesellschaft, sondern geht mit seinen Figuren in die Tiefe, zeigt deren Zerrissenheit zwischen politischer Überzeugung und privater Bindung. Dabei geht es Veiel nicht um die Schilderung des RAF-Terrorismus, sondern um dessen Ursprünge. Er lässt sich auf die Menschen und die Zeitumstände ein und bringt dem Zuschauer das Konfliktfeld nahe. Geschickt baut er hierzu auch dokumentarisches Material mit ein und bebildert intensiv und authentisch die bundesrepublikanische Atmosphäre der Zeit. August Diehl und Lena Lauzemis liefern eine beachtliche darstellerische Leistung. Eine erzählerische Meisterleistung mit einem Drehbuch, das erschüttert ohne sentimental zu werden.

Filminfos

Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:Andres Veiel
Darsteller:August Diehl; Lena Lauzemis; Alexander Fehling; Thomas Thieme; Imogen Kogge; Michael Wittenborn; Susanne Lothar
Drehbuch:Andres Veiel
Buchvorlage:Gerd Koenen
Kamera:Judith Kaufmann
Schnitt:Hansjörg Weißbrich
Musik:Annette Focks
Länge:125 Minuten
Kinostart:10.03.2011
Verleih:Senator
Produktion: zero one film GmbH , SWR; Degeto Film; WDR; deutschfilm; Senator Film Produktion;
FSK:12
Förderer:FFA; BKM; MBB; Hessische Filmförderung; DFFF; FFHSH

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Ein weiterer Beitrag zum Thema „Baader-Meinhof“, zum deutschen Terrorismus der End-60er und frühen 70er? Nein! Erstmals seit Margarethe von Trottas BLEIERNE ZEIT ein ernst zu nehmender, seriöser Beitrag zum Aufbruch einer jungen Generation, über Menschen in einer ausweglosen Situation und gleichzeitig ein Spiegelbild unserer Bundesrepublik der frühen 60er Jahre.
Nach Gerd Koenens Sachbuch „Vesper, Ensslin, Baader – Urszenen des deutschen Terrorismus“ inszenierte Andres Veiel seinen ersten Spielfilm außergewöhnlich stilsicher und dicht. Gut recherchiert und eingebettet in klassischer Dramaturgie erzählt er die Geschichte von Bernward Vesper und Gudrun Ensslin. Er, als Sohn des NS-Schriftstellers Will Vesper, und sie, Tochter aus einem protestantischen Pfarrerhaus. Beide zerrissen zwischen Liebe und Ablehnung ihrer Väter. Beide davon überzeugt, die Gesellschaft verändern zu müssen. Bedingungslos ihre Liebe zueinander und vorhersehbar ihr Untergang. Ein Drama von Shakespear’schen Dimensionen.
Veiel setzt bewusst die Menschen in den Vordergrund, zeigt intensiv ihr Blickfeld auf Politik und Gesellschaft und eindrucksvoll ihre Unbedingtheit im Handeln wie auch in ihren sexuellen Obsessionen. Das hat nahezu authentischen Charakter und beweist einmal mehr Veiels großartiges Können im Bereich des Dokumentarfilms. So erliegt er zum Glück nicht der Versuchung, den zeitgeschichtlichen Hintergrund des Dramas nachzuinszenieren, sondern setzt in die Spielhandlung geschickt montiertes Archivmaterial ein.
WER WENN NICHT WIR ist nicht nur Ensslins und Vespers Tragödie in einer „bleiernen Zeit“ sondern kann als Parabel für den Zustand der politischen und intellektuelle Szene Deutschlands heute gesehen werden.