The Last Tape

Filmplakat: The Last Tape

FBW-Pressetext

Artiom ist 18 Jahre alt. Er hat beschlossen, in den Krieg zu ziehen, um für die Unabhängigkeit der Ukraine zu kämpfen. Sein Großvater Anatoly ist 88 Jahre alt. Er war im Krieg gegen die Deutschen. Nun will er mit Artiom reden. Er will ihn fragen, warum sein Enkel glaubt, kämpfen zu müssen. Er will ihm erzählen, wie es ihm damals ging, als er kämpfen musste. Und er will eine letzte Aufnahme von Artiom mit seiner Kamera machen. Denn was immer danach passieren wird: Es wird nie mehr so sein wie jetzt. Der Titel des Films von Cyprien Clément-Delmas und Igor Kosenko ist vieldeutig interpretierbar. Handelt es sich um die letzten Aufnahmen des Enkels, bevor er in den Krieg zieht? Die letzten Aufnahmen, die der Großvater gemacht hat? Die Filmemacher geben in ihrem Kurzdokumentarfilm keine Deutung vor und lassen die Aufnahmen für sich sprechen. Diese Mehrdeutigkeit verleiht dem Gesehenen einen ganz besonderen Reiz und eine spannende Tiefe. Zwischen die von ihnen gefilmten Sequenzen, in der die Ruhe und Unschuld der Natur eine wichtige Rolle spielt, werden immer wieder Aufnahmen des Großvaters geschnitten, der seinem Enkel knappe, aber wichtige Fragen nach den Gründen für seinen Kriegsdienst stellt. Mehr Sprache benötigt der Film auch nicht, um eindrucksvoll eine Beziehung zwischen den Familienmitgliedern zu verdeutlichen, die geprägt ist von Liebe, aber auch dem Schatten der Vergangenheit und der Bürde des Patriotismus. THE LAST TAPE ist ein kraftvoller Kurzdokumentarfilm, der trotz seines schweren Themas geprägt ist von einer eindrucksvoll sanften Stille.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Cyprien Clément-Delmas; Igor Kosenko
Drehbuch:Cyprien Clément-Delmas; Igor Kosenko
Kamera:Ivan Castineiras
Schnitt:Martin Reimers
Länge:12 Minuten
Produktion: Fabian&Fred GmbH Fabian Driehorst

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat besonders wertvoll verliehen.
Die friedlichen Bilder sind trügerisch! In einer sommerlichen Idylle sitzen ein alter Mann und sein Enkel am Wasser, später kommt noch ein Soldat aus der Generation zwischen ihnen dazu. Mit einer Digitalkamera werden Erinnerungsbilder gemacht, und der junge Mann muss dem alten zeigen, wie die moderne Technik funktioniert. Der geschickt gewählte Titel deutet schon an, dass dies die letzten Tage sein werden, in denen diese Menschen so zusammen sein werden. Und dabei braucht gar nicht ausbuchstabiert zu werden, ob der junge Mann sterben wird – verändern wird ihn der Krieg auf jeden Fall. Denn der Ukrainer hat sich freiwillig gemeldet und wird in den Krieg ziehen. Die beiden älteren Männer wissen als Veteran und Offizier genau, was dies bedeutet, und sie versuchen, dem jungen Mann die Konsequenzen seiner Entscheidung klarzumachen. Das ist von Igor Kosenko und Cyprien Clément-Delmas sehr realistisch, ohne Sentimentalität und gerade deshalb erstaunlich bewegend inszeniert. Der pazifistische Film kommt ohne jede Polemik aus. Stattdessen erzählen die beiden älteren Männer, die in dem jüngeren auch sich selber in vergangenen Zeiten sehen, wie zerstörerisch der Krieg sich auf ihr Leben ausgewirkt hat. Und abgesehen von der Digitalkamera scheint die Zeit in der Hütte stehengeblieben zu sein. Wenig hat sich verändert, seit der 88-jährige im zweiten Weltkrieg kämpfte. Dafür haben die Regisseure mit den Strichen an einer Wand, mit denen das Wachstum von mehreren Generationen der Familie gemessen wurde, ein stimmiges Sinnbild gefunden. Die drei Darsteller wirken in den Rollen absolut authentisch und auch sonst ist die Inszenierung so stimmig, intensiv und realistisch, dass man den Filmemachern für die Überzeugungskraft von THE LAST TAPE nur gratulieren kann.