Puppe

Kinostart: 21.02.13
2011
Filmplakat: Puppe

FBW-Pressetext

Anna ist erst 16 und hat schon einige Zeit in Duisburg auf der Straße gelebt. Nun kommt sie in ein Erziehungsheim im schweizerischen Wallis. Dort will sich Geena, eine engagierte Sozialarbeiterin, um das verstörte Mädchen kümmern. Nur langsam kann sich Anna an die neue Umgebung und die Gesellschaft der anderen Mädchen gewöhnen. Denn sie vermisst ihre beste Freundin Leila, die verschwunden ist. Alles, was ihr bleibt, ist Leilas Puppe. Und die Frage, was mit der Freundin passiert ist. Sebastian Kutzli ist mit seinem Langfilmdebüt ein spannender Mix aus Drama, Coming-of-Age-Story und Thriller gelungen, prominent besetzt mit Corinna Harfouch als Geena. In immer wieder dazwischengestreuten Rückblenden bekommt der Zuschauer Hinweise auf die Wahrheit rund um Leila und ihr Verschwinden. Doch der Hauptaugenmerk der Geschichte liegt auf Anna, die stark und intensiv von Anke Retzlaff verkörpert wird. Sie stellt den Balanceakt zwischen einer verletzten und doch noch so kindlichen Seele und einer starken Persönlichkeit dar. Dabei lernt Anna, für sich selbst einzustehen und ihre Vergangenheit zu bewältigen. Sie bietet sich daher auch und gerade für ein jugendliches Publikum als Identifikationsfigur an. Konsequent erzählt Kutzli seine Geschichte mit starken Bildern rund um die symbolträchtige Berglandschaft der Schweiz mit ihrer rauen Natur bis hin zum spannenden Showdown. Ein beeindruckendes Drama mit starker Hauptfigur.

Filminfos

Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:Sebastian Kutzli
Darsteller:Corinna Harfouch; Anke Retzlaff; Sara Fazilat; Jella Haase; Anne Haug; Christoph Gaugler; Stella Holzapfel; Michael Neuenschwander
Drehbuch:Marie Amsler
Kamera:Stephan Vorbrugg
Schnitt:Wolfgang Weigl
Musik:Gerd Wilden
Webseite:;
Weblinks:; ;
Länge:85 Minuten
Kinostart:21.02.2013
Verleih:W-film
Produktion: enigma film GmbH, Dschoint Ventschr Filmproduktion AG; BR; Arte
FSK:12
Förderer:FFF Bayern; DFFF; KJDF; Filmstiftung Zürich; Film- und Medienstiftung NRW

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

In Rückblenden wird ein Fall aufgerollt. Ein Mord an Leila, der Freundin von Anna. Beide haben auf dem Straßenstrich gelebt und in verlassenen Kellern gehaust. Das ist die Rahmengeschichte, die wie ein Krimi verläuft und auf kleine Häppchen verteilt entschlüsselt wird. Schwarz-Weiße Flashback-Bilder, mit schnellen Schnitten und nervöser Kamera, spannend zu verfolgen, aber recht willkürlich eingestreut bis zur Auflösung der dramatischen Vorgänge.

Nach dem Tod ihrer Freundin entscheidet sich Anna zu einer Therapie in einem Erziehungsheim für junge Mädchen in den Walliser Bergen und trifft dort auf Magenta. Sie ist schon länger dort und kommt ebenso wie Anna aus Duisburg. Das Camp ist einsam gelegen, fast hermetisch abgeschlossen durch gewaltige Gipfel. Irgendwo oben ist eine Grenze, zu der es die beiden Mädchen zieht, um abzuhauen. Grenzen erfahren zu müssen, ist ein Grundthema für alle Beteiligten in diesem Langfilmdebüt von Sebastian Kutzli, das Drehbuch stammt von Marie Amler nach authentischen Erfahrungen in ähnlichen Einrichtungen.

Es gibt eine Menge positiver Gesichtspunkte, die für den Film sprechen. Die jugendlichen Darstellerinnen der „Sozial-Nichtangepassten“ spielen ihre Rollen überzeugend. Man spürt, dass die Geschichte auf authentische Schicksale zurückgreift und in diesen Sequenzen wirkt der Film dokumentarisch echt, bis hin zu dem langsamen innerlich und äußerlich sichtbaren Prozess Annas zur Überwindung der traumatischen Erfahrungen ihres bisherigen Lebens.

Der Film belegt die hohe, fast unerträgliche Belastung und Verantwortung, die in einer solchen therapeutischen Einrichtung von allen Beteiligten, Betreuer und Schützlinge, zu tragen und zu ertragen sind. Wie gesagt, spielen vor allem die jungen Darstellerinnen überzeugend ihren Widerstand gegen die für sie erzwungenen Regeln eines Heimes, stellen aber auch ihre eigene innere Zerrissenheit aufgrund der zurückliegenden Lebenssituationen gut dar. Es ist ihre Sicht, die den Film prägt. Durch die fehlende Stringenz im dramaturgischen Aufbau wirkt der Film jedoch häufig zerfahren, nicht aus einem Guss. Die häufigen Landschaftsaufnahmen tragen hier nicht zum besseren Gefallen bei.
Dennoch ist es ein wichtiger Film als Beleg für viele ähnliche Schicksale und dem Bemühen, durch Vereinzelung und Grenzerfahrungen in einem engen sozialen Rahmen Erziehungsarbeit zu leisten. Die jungen Darstellerinnen entwickeln Überzeugungskraft und tragen über weite Strecken dazu bei, dass die Spannung nicht verloren geht. Aus dieser Perspektive absolut sehenswert und wertvoll.