Moruk

FBW-Pressetext

Das Bild könnte leicht ins Trostlose kippen: Zwei junge Deutsch-Türken ohne Job und Perspektive verbringen ihre Zeit auf einer Bank mitten in Berlin Kreuzberg. Doch mit viel lakonischem Witz, konterkarierten Stereotypen und über die Maßen authentisch wirkenden Darstellern wird dieser tristen Grundsituation Lebendigkeit und Charme eingehaucht. Aufgenommen in Schwarzweiß und mit sorgsam durchdachten Einstellungen, entfaltet dieser Kurzspielfilm eine gezielte Wirkung und regt zur unbefangenen Auseinandersetzung mit einer aktuellen Lebenswirklichkeit zwischen Träumen, Stillstand und Warten an. Auf weitere Arbeiten des Regisseurs darf man gespannt sein!
Prädikat wertvoll

Filminfos

Kategorie:Kurzfilm
Gattung:Kurzfilm
Regie:Serdal Karaca
Darsteller:Oktay Özdemir; Burak Yigit; Irina Potapenko; Klara Reinacher
Drehbuch:Serdal Karaca
Länge:28 Minuten
Produktion: Serdal Karaca
FSK:12
Förderer:BKM

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

„Moruk“ heißt auf Türkisch „Alter“ und ist quasi ein Kosename, mit dem sich der laute, lebenslustige Murat und der eher introvertierte Hakan gegenseitig anreden. Die beiden Deutsch-Türken aus Kreuzberg kennen sich seit Kindertagen und sind beste Freunde. Gemeinsam hängen sie Tag für Tag an „ihrer“ Ecke im Kreuzberger Kiez ab, vertreiben sich die Zeit, kiffen, philosophieren, streiten und hoffen, dass irgend etwas Entscheidendes passiert. Arbeit haben beide nicht, Murat hat kühne Träume, aber keine Perspektive und Hakan findet trotz Abitur keinen Ausbildungsplatz. Als die hübsche Irina und ihre Freundin Klara zufällig den Weg der beiden jungen Männer kreuzen, keimt die Hoffnung auf Veränderung auf.

In knapp 30 Minuten erzählt der deutsch-türkischen Nachwuchsregisseur Serdal Karaça in Anlehnung an Samuel Becketts „Warten auf Godot“ eine ebenso stimmige wie unterhaltsame Geschichte, die Alltag und Befindlichkeit vieler junger Deutsch-Türken widerspiegelt. Die Charaktere scheinen dem wahren Leben entsprungen, der Jargon ist authentisch, das Milieu gut getroffen. So oder so ähnlich könnte sich die Geschichte an der nächsten Ecke abspielen. Obwohl der Film sich ganz auf seine Protagonisten konzentriert, entfaltet er ein komplexes Beziehungsgeflecht, das den Mikrokosmos im deutsch-türkischen Kiez kennzeichnet. Das Verhältnis Murats zu seiner besorgten Mutter wird ebenso unprätentiös thematisiert wie die Rolle der älteren gegenüber den kleineren Jungen. Dabei spielt der Film gekonnt mit Vorurteilen und Klischees (dealende Straßenjungen, Klappmesser, Fahrraddiebstahl etc.), die er stimmig einführt und aufbaut, um sie kurz darauf wieder zu brechen.

Die lakonische Erzählweise und die klaren, kontrastreichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen erinnern an die Filme des jungen Jim Jarmusch. Die Stilmittel sind jedoch sehr gekonnt eingesetzt in eine originäre Geschichte, die sehr überlegt von den Bildern her aufgebaut und montiert ist. Musik und Sound sind passend gewählt, die schauspielerischen Leistungen überzeugen. Mit großer Authentizität und Spielfreude verkörpern Burat Yigit und vor allem der quirlige Oktay Özdemir die beiden jungen Männer in ihrer Warteposition. Ihnen gehört – auch wenn sie Blödsinn anstellen – unsere ganze Sympathie. Wir möchten ihnen wünschen, dass ihr Warten auf etwas Höheres, das ihr Leben verändert und verbessert, doch nicht sinnlos sein möge.