Micmacs - Uns gehört Paris!

Kinostart: 22.07.10
2009
Filmplakat: Micmacs - Uns gehört Paris!

FBW-Pressetext

Bazil, durch einen ungewöhnlichen Unfall arbeits- und wohnungslos geworden, schlägt sich mit kleinen Tricks durchs Leben, bis er auf eine Truppe außergewöhnlicher Obdachloser trifft, die mitten in Paris in einer pittoresken Höhle voller erstaunlicher Fundstücke leben. Hier findet Bazil nicht nur clevere Verbündete für seinen aberwitzigen Racheplan an zwei konkurrierenden Waffenhändlern, die für den Tod seines Vaters und die Kugel in seinem Kopf verantwortlich sind - es wartet auf ihn auch die große Liebe! Frankreichs fantasiereichster Regisseur, Jean-Pierre Jeunet, mischt in gewohnter Manier Elemente aus Filmklassikern, Varietéshows und warmherzigen Märchenabenteuern und fügt diese zu einem traumähnlichen Kosmos zusammen. Mit großen französischen Schauspielern und vielen wunderbaren Details zaubert er so das unterhaltsame Märchen einer klugen und heiteren Rachegeschichte, randvoll mit skurrilen Charakteren und ihren sympathischen Verrücktheiten. Lachen ist eben doch die wirksamste Waffe.

Filminfos

Gattung:Komödie; Spielfilm
Regie:Jean-Pierre Jeunet
Darsteller:Dominique Pinon; Dany Boon; André Dussollier; Nicolas Marié; Jean-Pierre Marielle; Yolande Moreau; Julie Ferrier; Omar Sy; Michel Crémadès
Drehbuch:Jean-Pierre Jeunet; Guillaume Laurant
Kamera:Tetsuo Nagata
Schnitt:Hervé Schneid
Musik:Raphaël Beau
Länge:105 Minuten
Kinostart:22.07.2010
Verleih:Kinowelt
Produktion: Epithète Films, Tapioca Films; Warner Bros. Entertainment France; France 2 Cinéma; France 3 Cinéma;
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Eine Fülle von überschäumenden Ideen, eine großartige Hommage an das klassische Genre der Gangsterdramen und Gaunerkomödien, ironisch, witzig, turbulent und mit der Leichtigkeit eines Varietés inszeniert – das alles findet man in dieser vergnüglichen Komödie aus Frankreich. Ernste Themen wie Waffenhandel und das Problem Obdachloser werden hier zu einer Geschichte verarbeitet, die man normalerweise kaum für den Stoff einer Gaunerkomödie halten könnte. Doch der Regisseur Jean-Pierre Jeunet, der unter anderem DELICATESSEN gedreht hat – er zitiert sich mit einer Szene daraus in MICMACS übrigens selbst - geht mit einer solch grandiosen Unverfrorenheit ans Werk, dass seine Geschichte von der Obdachenlosengemeinschaft, die auszieht, zwei üblen Waffenhändlern das Handwerk zu legen, sehr elegant auf dem schmalen Grad zwischen Ernst und Burleske balanciert, ohne abzustürzen.

Der Held dieser filmischen „Wundertüte“, aus der Jeunet immer neue Gags, Filmzitate und märchenhafte Elemente zaubert, ist ein Mann mit tragischer Vergangenheit: Sein Vater stirbt in der Sahara durch eine Tretmiene, die er entsorgen wollte, seine Mutter muss daraufhin in eine psychiatrische Anstalt, der Junge kommt zu strengen Nonnen, entkommt in einem Wäschekorb – auch ein wunderbares Filmzitat – und ist als Erwachsener in einem Videoladen tätig, in dem er nach Herzenslust Gangsterfilme der vierziger Jahre sieht und auswendig lernt. Eines Abends trifft ihn ein Querschläger, den er mühsam überlebt mit der Kugel im Kopf. Arbeitslos wird er auch noch, aber sein Überlebenswille bleibt bestehen. Seine durch Videofilme geschulten Talente nutzt er geschickt aus, indem er zunächst sich im Schatten einer Piaf-Imitation durch vollendetes Mienenspiel Geld „ersingt“ – die Münzen gibt er dann an die Möchtegern-Piaf weiter – und schließlich bei einer Gruppe von Obdachlosen landet, die sich unter einem Müllhaufen eine gemütliche Höhle voller nützlichem Schrott eingerichtet haben – alles liebenswerte schräge Typen, deren Palette vom Metallkünstler bis zur Kautschukfrau reicht, von der kochfreudigen Chefin der Bande bis hin zu ihrem Verehrer, dem das Leben im Schrott nicht an der Wiege gesungen wurde, vom „Kanonenmann“ bis zum schwarzen Fast-Poeten, der in Sprichwörtern schwelgt. Mit dieser Truppe, deren Fähigkeiten an die großen Fernsehzeiten des Multitalents McGywer erinnern, kann sich der Antiheld des Films daran machen, sowohl den Tod seines Vaters an dem einen Waffenhändler, als auch die eigene Kugel im Kopf an dem anderen Ganoven zu rächen. Denn beide sind Waffenfabrikanten und tragen Mitschuld am Tod und der Verstümmelung zahlreicher Menschen.

Selbst wenn dieser ungewöhnliche Rachefeldzug gelegentlich in Klamauk ausartet, so verhindert doch der große geistige Filmpate Jeunets, Jacques Tati, der hier als Vorbild dient, den Absturz des Films in bodenlose Blödeleien und garantiert fast zwei Stunden ein Feuerwerk von detailfreudigen, schön inszenierten Szenen aus dem Leben liebenswerter Außenseiter – typisch französisch!