Kauwboy - Kleiner Vogel, großes Glück

VÖ-Datum: 18.04.13
2012
Filmplakat: Kauwboy - Kleiner Vogel, großes Glück

FBW-Pressetext

Als der zehnjährige Jojo auf einem seiner Streifzüge eine kleine Dohle findet, die aus dem Nest gefallen ist, beschließt er, sich um das hilflose Wesen zu kümmern. Er nennt die Dohle Jack und nimmt sie mit nach Hause. Bald wird Jack Jojos bester Freund. Denn Jojo hat endlich jemanden gefunden, dem er alles erzählen kann. Von seinem Vater, der immer so traurig, gestresst und gereizt ist und der Jack nicht im Haus haben will. Von Yenthe, seiner Mitschülerin, die er so nett findet. Und vor allem von seiner Mutter, die als Sängerin weit weg von zuhause ist und die er so sehr vermisst. Aber an ihrem Geburtstag kommt sie ja wieder nach Hause. Zumindest wünscht sich Jojo das von ganzem Herzen. Auf der Berlinale 2012 gewann der niederländische Debütfilm von Boudewijn Koole den Großen Preis des deutschen Kinderhilfswerks. Neben der berührenden und ungewöhnlichen Freundschaft zwischen Vogel und Mensch begeistert vor allem die Darstellung des Jojo, den Rick Lens so natürlich und offen spielt, als hätte er nie etwas anderes getan. Die wunderbare Kamera lässt immer den Jungen im Zentrum, es ist seine Perspektive, die sich vermittelt und mit der sich gerade die jungen Zuschauer im Grundschulalter identifizieren können. Jojo muss lernen, mit Trauer und Abschied umzugehen und auch Verantwortung für ein anderes Wesen zu übernehmen. Diese Wahrheiten einer kindlichen Realität vermittelt der Film authentisch und teilweise in ungeschönter Weise, doch nie mit erhobenem Zeigefinger. Großes Kinder- und Jugendkino über eine ungewöhnliche Freundschaft.

Filminfos

Gattung:Drama; Jugendfilm; Spielfilm
Regie:Boudewijn Koole
Darsteller:Rick Lens; Loek Peters; Cahit Ölmez; Susan Radder; Ricky Koole
Drehbuch:Boudewijn Koole; Jolein Laarman
Kamera:Daniel Bouquet
Schnitt:Gys Zevenbergen
Musik:Helge Slikker
Weblinks:; ;
Länge:81 Minuten
VÖ-Datum:18.04.2013
Verleih:3L
Produktion: Waterland Film
FSK:6

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Das Spielfilmdebüt von Boudewijn Koole verfügt über eine cineastische Qualität, die besticht.
Sein Film zeichnet sich vor allem aus durch sehr gut ausgewählte und geführte Figuren, eine beeindruckende Kamera und eine konsequente Dramaturgie.
Im Mittelpunkt der Handlung steht Jojo, der mit seinem immer wieder kalt und aggressiv reagierenden Vater allein lebt. Was mit der Mutter, die angeblich als Sängerin auf Tour ist, wirklich geschehen ist, kann man ahnen, bleibt aber auch eine gewisse Filmzeit über offen. Jojo trägt innere und äußere Widersprüche und Konflikte aus, ist ein Heranwachsender voller ambivalenter Gefühle und unbändiger Energie. Die darstellerische Leistung von Rick Lens als Jojo verdient hierbei volle Anerkennung. Die Kamera konzentriert sich immer wieder auf sein Gesicht, auf Details seines Körpers und ermöglicht intensives Miterleben, obwohl es manchmal nur Stills sind, die wir sehen.
Dieser Film spricht nahezu alles sehr deutlich aus, wirkt gegen Ende in gewaltigen Bildern und Tönen sogar bedrohlich und wird damit seinem ernsten Thema immer wieder und differenziert gerecht. Jojo schließt gegen den Willen seines Vaters Freundschaft mit einer aus dem Nest gefallenen Dohle und gewinnt dabei Erkenntnisse für sein Leben, auch für die Bewältigung des Verlustes seiner Mutter. Mit dem Vogel erlebt er die Wiederholung eines Abschiedsprozesses und kann sich letztlich aus einer tiefen Verzweiflung befreien.
Die besondere Leistung des Filmes besteht zudem darin, dass er in berührenden Szenen zeigt, wie Kinder sich gegenseitig Kraft geben können. Die Freundschaft mit dem Mädchen Yenthe, die beeindruckende Kaugummiblasen entstehen lassen kann, nimmt ihren Anfang über die Dohle Jack und reicht bis zu dem symbolischen Entzünden und Verlöschen des Streichholzlichtes in der Abschlussszene.
Hervorzuheben ist weiterhin die überzeugende Gestaltung der Beziehung zwischen Vater und Sohn. Jojo sucht immer wieder die Nähe zu seinem Vater, stößt aber dabei meist auf herbe Ablehnung. Wenn von ihm gut Gemeintes misslingt, kann das sogar zu körperlich und seelisch Verletzendem führen. Jojo fühlt danach nicht nur Verachtung für das Verhalten seines Vaters, sonder agiert auch danach und spricht sie aus. Dies geht sogar so weit, dass er ihn in einem bestimmten Moment töten will. Auch hier ist der Film äußerst ehrlich und erwartet vom kindlichen Zuschauer und dem oder der ihn hoffentlich begleitenden Erwachsenen Verständnis- und Toleranzbereitschaft.