Der letzte Zug

Kinostart: 09.11.06
VÖ-Datum: 15.03.13
2006
Filmplakat: Der letzte Zug

FBW-Pressetext

Beeindruckend gelungen ist das filmische Wagnis, dem unvorstellbaren Grauen der Judenausrottung Namen und Gesichter zu geben, einen Wagon „zur Vernichtung bestimmter“ Menschen auf der sechstägigen Eisenbahnfahrt nach Auschwitz zu begleiten. Der behutsam und verantwortlich inszenierte Film hat Kraft und Wucht, ist ein Herz und Verstand bewegendes Plädoyer für Menschlichkeit. Auch für Schüler ab der Oberstufe besonders zu empfehlen.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Drama
Regie:Dana Vávrová; Joseph Vilsmaier
Darsteller:Gedeon Burkhard; Lale Yavas; Sibel Kekilli; Roman Roth
Länge:123 Minuten
Kinostart:09.11.2006
VÖ-Datum:15.03.2013
Verleih:Concorde
Produktion: Central Cinema Company Film, CCC; Perathon
FSK:12
Bildungseinsatz:;
DVD EAN-Nummer:887654458094
Anbieter-Link:
DVD Extras:Trailer und Bonus

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

688 Juden werden 1943 in einem Zug von Berlin-Grünewald nach Auschwitz transportiert. Sechs grauenvolle Tage dauert die Fahrt in das Vernichtungslager. Nur zwei können rechtzeitig fliehen.

Was bedeutet es, einen Leidensweg leben zu müssen? Wie leben im Angesicht des Todes, wie die Würde bewahren unter den Bedingungen der Entwürdigung? Diese ungewöhnliche Perspektive entwickelt der Film mit großer Intensität am Beispiel einer Gruppe von Menschen, die zu den letzten Juden gehören, die bis 1943 noch in Berlin gelebt haben. Von der SS brutalst zusammengetrieben auf dem Bahnsteig, finden sich Menschen, die eben noch in ihrer bürgerlichen Wohnung schliefen, eingepfercht in einem Viehwaggon wieder.
Wie radikal sich ihr Dasein gewandelt hat und wie extrem ihre Situation ist, zeigt der Film chronologisch vom ersten bis zum sechsten, letzten Tag. Je weiter die Zeit voranschreitet, desto mehr und desto sichtbarer schwinden die Verhaltensweisen aus der Zeit der Normalität: Höflichkeit, gesittetes Aussehen, Rücksichtnahme. Bald beginnen Hunger und Durst zu quälen, die Hitze des Wagons wird unerträglich. Säuglinge sterben. Mehr und mehr schwindet auch die Körperkraft. Hoffnungslosigkeit und Resignation machen sich breit, Anzeichen von Wahnsinn treten auf, als die ersten Toten im Wagon liegen. Bald wird man sie stapeln müssen...

Erinnerungen an schöne friedvolle Zeiten – dies ein kluges dramaturgisches Element auch für das Kinopublikum, um den Film aushalten zu können - helfen anfangs noch, sich der extremen Situation zu entziehen. Draußen, jenseits der Fenstergitter des Wagons wenden Nonnen sich ab, wenn sie den Abtransport der Juden sehen, spielen Wehrmachtsoldaten auf dem Rasen, werden SS-Opfer an einem Galgen gehenkt. Einige Männer im Wagon versuchen, einen Fluchtweg zu schaffen und arbeiten rastlos mit primitivem Werkzeug. Für ein paar Spritzer Wasser lassen sich polnische Arbeiter mit Schmuckstücken aus dem Wagon bezahlen. Einige Wehrmachsoldaten haben Mitleid und schieben Brotstücke durch die Fenstergitter. Ukrainische SS-Soldaten machen sich einen Spaß daraus, die Menschen im Zug zu quälen.

Der Film zeigt den Albtraum eines Daseins unter traumatischen Bedingungen ungeheuer plastisch. Grauen und Leid werden förmlich physisch spürbar. Der Film rührt an ein Tabu, das unvorstellbare Grauen anschaulich zu machen, geht damit höchst verantwortungsvoll und eindrücklich um. Produzent Artur Brauner hat die Massenvernichtungen in Polen am eigenen Leib erfahren, er floh aus dem Getto, entkam nur knapp dem Tod. Zwölf Angehörige seiner Familie wurden Opfer des Massakers in der Schlucht von Babij Jar. Filme gegen das Vergessen sind und waren Artur Brauners größtes Anliegen. „Der letzte Zug“, dessen darstellerische und inszenatorische Leistungen beeindruckend sind, hat Kraft und Wucht wie ein Vermächtnis. Die FBW-Jury fand den Film explizit auch besonders geeignet für Schüler ab der Oberstufe.