Boulevard's End

Filmplakat: Boulevard's End

FBW-Pressetext

Der Venice Pier befindet sich am Ende des Washington Boulevards, einer der typischen großen Amüsiermeilen von Venice Beach, L.A. Überall ist es laut, die Musik ist aufgedreht, Party-Stimmung ist angesagt. Doch nicht am Pier selbst. Er ist für die Angler da, für die Menschen, die die Ruhe und die Abgeschiedenheit suchen. Eine kleine Insel der Stille in all dem Lärm. Die Filmemacherin Nora Fingscheidt hat sich aufgemacht, den Pier und seine Besucher zu porträtieren. Ihr 15minütiger Kurz-Dokumentarfilm wirkt dabei in seiner natürlichen Haltung zufällig in seiner Auswahl, wie ein Mosaik unterschiedlicher Personen. Während die Besucher des Piers gezeigt werden, manche nebenbei, manche aufgereiht wie bei einem typischen Familienfoto, erzählen zwei Menschen im Off ihre Lebensgeschichte. Wie sie aufgewachsen sind, welche Schicksalsschläge sie zu bewältigen hatten. Und wie sie vom Leben an den Strand von Venice „gespült“ wurden. Fingscheidt verrät uns nicht, welche der gezeigten Gesichter zu den Stimmen gehören. Ein schöner Kniff, um die Vielfalt der Menge zu reflektieren, die hierher kommt. Auch um dem Betrachter klar zu machen, dass hinter jedem Menschen eine faszinierende Geschichte steht. Und alle stehen stellvertretend für den großen Schmelztiegel einer Gesellschaft, die von allen Kulturen, Religionen und Lebensweisen gespeist wird. Ein Panoptikum des amerikanischen Lebens – eine kluge und runde Betrachtung einer kleinen bunten Welt in sich.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Nora Fingscheidt
Drehbuch:Nora Fingscheidt
Kamera:Philip Leutert
Schnitt:Stephan Eduard Bechinger
Länge:15 Minuten
Produktion: Holyschmidtfilm Sarah Schmidt
Förderer:FFA; BKM

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

„Es gab Zeiten, in denen ich nicht wusste, ob ich 8 Jahre alt werde.“ Heute ist der Mann, der diese Worte spricht, 90 Jahre alt. In Wien geboren und aus Buchenwald von den Amerikanern befreit. Schon als Kind wollte er nach Amerika und hier genießt er sein Leben nun in Freiheit. Er hat zum Leben „Ja“ gesagt trotz seiner schmerzhaften Erinnerungen.
Das Hier und Jetzt befindet sich in Los Angeles, am Venice Pier, ein Betonbrückenstück, das in den Pazifik hinein geschoben wurde. Es ist ein Hort der Ruhe am Rande der tobenden Stadt. Zumindest am frühen Morgen und am späten Abend. Der 15-minütige Dokumentarfilm von Nora Fingscheidt zeigt uns die Menschen, die den Pier abseits des Trubels aufsuchen. In eindringlichen fotografisch anmutenden Montagen reflektiert sie das eigenartige Innehalten der vergänglichen Zeit. Sie werden zu Ruhepausen im hektischen Alltag, sind Ausdruck von Lebensphilosophie. Dazu die eigentümliche Unwirtlichkeit des Ortes aus schmucklosem Beton, belebt jedoch durch die Menschen in ihrer kulturellen Vielfalt.
Ein zweiter O-Ton kommt im Laufe des Films hinzu. Eine Frau, die von zwei prägenden Ereignissen direkt betroffen war. Die Terror-Anschläge von 1993 und 2001 auf das World Trade Centre in New York. Auch sie musste das Leben wieder lernen. Ihr Fazit: „Das Leben sollte man leben – jeden Tag“.

Der Pier wird gekonnt als Schmelztiegel der Internationalität Amerikas inszeniert, geprägt von Toleranz und Respekt. Der Film, in seiner dokumentarischen Form essayistisch, entwickelt eine ungewohnte Ruhe durch Einstellungsblicke auf Menschen, die sich wie für ein Foto aufgestellt filmen lassen. Skurrile Gestalten, Selbstdarsteller und Alltagsgesichter. Wahrscheinlich hätte jeder einzelne von ihnen eine spannende Biografie des Überleben- und Lebenwollens erzählen können.