Belina - Music For Peace

Filmplakat: Belina - Music For Peace

FBW-Pressetext

Eine detailreiche und hervorragend recherchierte Verbeugung vor einem musikalischen Lebenswerk, das vor dem Vergessen bewahrt werden muss.

Der Dokumentarfilm von Marc Boettcher porträtiert die Chanson- und Folkloresängerin Belina (alias Lea-Nina Rodzynek), die seit Ende des Zweiten Weltkriegs jahrzehntelang mit ihrer Musik für die Versöhnung der Völker warb – obwohl sie selbst Opfer der Verfolgung durch Nazi-Deutschland war. Mit einer Fülle an Bild- und Tonaufnahmen gelingt Marc Boettcher ein vielschichtiger Einblick in ein faszinierendes Künstlerinnenleben einer Frau, die zeit ihres Lebens inspiriert war und noch heute inspirieren kann.

Kaleidoskopartig entblättert Regisseur Marc Boettcher, der auch für die Künstlerinnenportraits von Inge Brandenburg und Gitte Haenning verantwortlich zeichnete, das Leben und Wirken der faszinierenden Sängerin, deren Kunst droht, in Vergessenheit zu geraten. Dabei steht über ihrem künstlerischen Wirken auch die diplomatische Wirkungskraft. Denn für Belina war die Musik etwas, das identitätsstiftend für Länder und Völker sein kann. Und durch das Interpretieren der Volks-Lieder gelang es Belina, als inspirierende Künstlerin Brücken zu bauen und ein Verständnis zu schaffen für das, was die Seele einer jeweiligen Nation ausmacht. Dass all diese großartige Arbeit überschattet war von Belinas eigenem Schicksal, ihre Familie im Konzentrationslager verloren zu haben, trägt nur mehr zur Eindrücklichkeit dieses Lebens bei, welches man als Zuschauer*in betrachten kann. Zu Wort kommen neben Belina selbst (in zahlreichen vorliegenden Fernseinterviews) auch zeitgenössische Sängerinnen, die gleich zu Beginn zugeben, viel zu wenig über diese Frau zu wissen, die ihnen doch auch Vorbild ist in der Art und Weise, wie Musik wirken kann. Durch die Beiträge von Belinas Sohn und der Witwe von Belinas künstlerischem Partner Siegfried Behrend wird das faszinierende Porträt auch auf einer emotionalen Ebene abgerundet.
Prädikat wertvoll

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Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm
Regie:Marc Boettcher
Drehbuch:Marc Boettcher
Kamera:Oliver Staack
Schnitt:Marian Piper
Musik:Belina; Siegfried Behrend
Länge:94 Minuten
Produktion: MB-Film Marc Boettcher

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Marc Boettchers Dokumentarfilm über die Weltmusik-Interpretin Belina zieht unweigerlich in den Bann. Das gilt auch für Zuschauer*innen, für die die Sängerin bislang eher unbekannt war. Der Einstieg, die vor 15 Jahren Verstorbene zuerst dadurch vorzustellen, dass andere von ihr erzählen, erscheint deshalb besonders gelungen: Der Film nähert sich der Person und ihrem Werk nicht mit dem Alleswisserstandpunkt eines klassischen Fernsehfeatures, sondern mit einer gewissen Diskretion, die die boulevardeske Herangehensweise mit ihrem Schielen auf Sensation und Enthüllung weit von sich weist. Zugleich erfährt man nicht nur etwas über die Person, sondern auch etwas über die Spuren, die ihr Leben hinterlassen hat und den Einfluss, den ihr Schaffen auf andere hatte. Die herkömmlichen Zutaten eines Dokumentarfilms, also die Verknüpfung von Archivmaterial mit Interviews mit Verwandten, Freunden und Zeitzeugen, schneidet Boettcher hier auf besondere Weise zusammen. Zwar folgt er in lockerer Weise dem Lebensweg der Sängerin durch die Jahrzehnte, doch die mit viel Fingerspitzengefühl montierten Aussagen von anderen lassen nicht nur ein lebendig-widersprüchliches Bild einer komplexen, ungewöhnlichen Person entstehen. Sondern belegen auch immer wieder interessante Zeitaspekte, wie etwa den alltäglichen Sexismus sowohl im Musikgeschäft als auch im deutschen 1960er-Jahre-Fernsehen, wo Belina als Frau vielerlei Benachteiligungen und Herabwürdigungen erleben musste. Wie nebenbei erfährt man als Zuschauer*in viel über den Wandel der Musikbranche in der Nachkriegszeit und einiges über die Bedeutung von Weltmusik und ihr sich wandelndes Verhältnis zum politischen Engagement, über die sich verändernden Grenzen zwischen E- und U-Musik, zwischen Anspruch und Unterhaltung sowie Unterhaltung mit Anspruch.

Als verpasste Chance erschien der Jury, dass Boettcher seine Archivbilder an vielen Stellen zu wenig kontextualisiert und etwa einschlägige historische Aufnahmen zum Stichwort Holocaust oder Vietnam wenig spezifisch und zur Illustration von Atmosphäre einsetzt. Auch hätte die Jury gerne mehr darüber gewusst, wie die Auswahl vor allem der Zeitzeuginnen zustande kam und warum gerade sie hier Auskunft geben.

Es überwiegt das Positive: Boettcher weckt mit seinem Film neues Interesse an einer spannenden Zeit und einer tollen Figur, deren Lebenshaltung und -werk beispielhaft scheinen. Ohne je pädagogisch vorzugehen, lässt er Belina hier noch einmal lebendig werden und vermittelt den Zuschauern ein echtes Gefühl für eine hochtalentierte Frau, die es sich selbst nie leicht machte.