Status: Geduldet

FBW-Pressetext

Großes Talent zeigt Silvana Santamaria mit ihrer gut strukturierten Dokumentation über die alleinerziehende Mutter aus dem Kosovo und ihre drei Kinder. Die Studentin der Filmakademie Baden-Württemberg gewährt einen hautnahen Einblick in die Familie, die nun schon seit 14 Jahren in der Gegend von Stuttgart als „Geduldete“ leben. Es herrscht großes Vertrauen zwischen den Husenis und der Kamera, das ist immer wieder spürbar. Die Familiensituation, die zahlreiche Konflikte hervorruft, wird ohne Voyeurismus unpathetisch und sachlich-nüchtern dokumentiert. Wir freuen uns auf weitere Arbeiten, bravissima Silvana!
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm; Kurzfilm
Regie:Silvana Santamaria
Darsteller:Melissa Kryezi; Ramize Huseni; Harjrije Huseni; Bobby Huseni
Drehbuch:Silvana Santamaria
Länge:60 Minuten
Verleih:Filmakademie Baden-Württemberg
Produktion: Filmakademie Baden-Württemberg GmbH

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

In den Anfängen der Bürgerkriege im zerfallenden Jugoslawien der frühen 1990er Jahre flüchtete die Roma-Familie Heiseni aus dem Kosovo nach Deutschland. Heute lebt die 42jährige Hajrije Heiseni mit ihren drei Kindern und einer Nichte im Stuttgarter Brennpunkt-Viertel Fasanenhof. Das Damoklesschwert einer Abschiebung schwebt ständig über der Familie, denn ihr Aufenthaltsstatus ist ein „geduldeter“.

Der an der Filmakademie Baden-Württemberg entstandene Dokumentarfilm über die Familie Heiseni (Betreuung: Thomas Schadt) ist eine sehr bemerkenswerte und stilistisch schon erstaunlich souveräne Arbeit. Der jungen Filmemacherin Silvana Santamaria gelang es, ein großes Vertrauensverhältnis zu ihren Protagonisten aufzubauen. So entstand eine sehr genaue Innenansicht der Familie, ein präzises Bild ihrer Probleme und auch familiären Spannungen.

Sichtbar wird ein Alltag, der keine so genannte „Normalität“ kennt. Es herrscht Schwebezustand: Es existiert immer nur ein schmaler Grat der Hoffnung, den „Bleiberechtsfall“ zu stabilisieren und sanktionieren. Der schon Jahrzehnte lang währende Versuch, einen gültigen Pass zu besitzen, wird zum schier endlosen Gang durch die Labyrinthe der Bürokratie. Die spezielle Entwicklung des Kosovo tut ihr Übriges, die Situation heillos zu verwirren.

Die Familie dokumentiert, wie die Familie meist ein ohnmächtiges Opfer politischer und sozialer Zwänge geworden ist. Sie wird demoralisiert und kämpft gegen die Verhältnisse an, schickt sich nicht einfach drein.

Der Film sensibilisiert für diese Lebensgeschichte, ohne in einen „billigen“ Gestus der Betroffenheit zu verfallen. Er wirkt unpathetisch, dokumentiert sachlich-nüchtern. Er ist immer sehr nah bei den Menschen und erkennbar auf ihrer Seite. Eine zusätzliche Kommentierung erspart sich die Regisseurin. Es bleibt ein Film mit „offenem Ende“. Das Hangeln von Duldung zu Duldung geht weiter: die Schwebesituation als Dauertrauma.