Ocean Hill Drive

Filmplakat: Ocean Hill Drive

FBW-Pressetext

Als die Familie in den Ort zog, wollte sie einen ruhigen abgeschiedenen Ort zum Leben finden. Und in der abgelegenen Straße, dem „Ocean Hill Drive“, schien dies der Fall zu sein. Doch irgendwas war von Anfang an komisch. Nicht nur komisch an dem Haus. Sondern an der Straße, an der Stadt. Es war, als ob sich etwas über den Ort legt, der ein Heim sein sollte. Und nun so unheimlich geworden ist. In ihrem neuen Experimentalfilm OCEAN HILL DRIVE beziehen sich Miriam Gossing und Lina Sieckmann auf ein rätselhaftes Lichtphänomen, das in einer Stadt in den USA auftritt. Von Anfang an scheinen die Bilder zu „blinzeln“, da sich immer wieder kurze Schatten über die langen Einstellungen legen, die die Filmemacherinnen in und um die Häuser aufnehmen. Kommentiert werden die unheimlich anmutenden und häufig menschenleeren Bilder von Erzählungen der Bewohner, die eine Sprecherin ruhig vorliest. So steigert sich noch zusätzlich die Spannung in dem atmosphärisch dichten und ruhig montierten Film, der den Grusel der Ungewissheit ob des unerklärlichen Phänomens erst mit der letzten Schrifttafel auflöst. Ein hochgradig spannendes und filmisch wirkungsvolles Filmexperiment.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Experimentalfilm; Kurzfilm
Regie:Miriam Gossing; Lina Sieckmann
Drehbuch:Miriam Gossing; Lina Sieckmann
Kamera:Christian Kochmann
Schnitt:Miriam Gossing; Lina Sieckmann
Musik:Tim Gorinski
Länge:20 Minuten
Verleih:Lightcone Paris
Produktion: Kunsthochschule für Medien Köln
FSK:0
Förderer:Kunsthochschule für Medien Köln

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Zunächst glaubt man an einem Filmfehler, eine technische Unzulänglichkeit im Material oder ein Missgeschick bei der Ausspielung: Immer wieder scheint sich für den Bruchteil einer Sekunde ein Schatten über die Bilder von OCEAN HILL DRIVE zu legen: Selbst bei den Nachtaufnahmen ist eine kurzzeitige Verdunklung minimal wahrnehmbar, die allerdings so schnell, wieder vorbei ist, dass man - auch aufgrund der künstlerisch sorgsam ausgewählten Bildausschnitte und Stimmungen - an eine fast geisterhafte Erscheinung glauben mag.

Dazu passen auch die Texte, die sich mit der Zeit als Erinnerungsfragmente von Bewohnern des kleinen Küstenstädtchens in Massachusetts entpuppen, die von seltsamen Erlebnissen, sporadischem Unwohlsein und sonstigen Beeinträchtigungen berichten, für die es zunächst keine - oder zumindest keine natürliche - Erklärung zu geben scheint. Vielleicht ist es ja doch die Präsenz eines geisterhaften Wesens? Die Bilder im Stile eines David Lynchs jedenfalls würden dazu passen. Und doch stellt sich im Verlauf der Films heraus, dass es sich hierbei um etwas ganz anderes handelt, das zudem gerade im Licht der Diskussionen um erneuerbare Energien zusätzliche Relevanz erhält. Der so genannte Shadowflicker-Effekt fungiert dabei in der Narration von OCEAN HILL DRIVE wie ein natürlicher Special effect, der die Bilder und Szenerien mit einer Aura des Unheimlichen, Unwirklichen und Hypnotisierenden versieht.

Da der Film die Lösung der Herkunft der Schatten zwar andeutet, aber niemals vollends auflöst, ist die Neugier des Zuschauers geweckt - und wenn sich die Lösung dann durch nähere Beschäftigung herauskristallisiert, kommt dadurch fast automatisch ein Gespräch und ein Prozess des Überdenkens in Gange, des dem zuvor Gesehenen noch einmal eine ganz andere Richtung verleiht.