Mein Tod ist nicht dein Tod

Filmplakat: Mein Tod ist nicht dein Tod

FBW-Pressetext

Ein Dokumentarfilm, offen und vielfältig in der Form und wie mit Herzblut gedreht. Bildgewaltig und mit viel Poesie nimmt der Filmemacher von seiner großen Lebensliebe, einer indischen Filmstudentin, Abschied. Die riskante Trauerarbeit lässt die DDR und den Kontinent Indien vor dem Betrachter entstehen, reflektiert auch den Prozess des Filmemachens. Ein Kino-Ereignis, falls ein Verleih sich findet.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm
Regie:Lars Barthel
Drehbuch:Lars Barthel
Länge:88 Minuten
Produktion: Ö Filmproduktion, Löprich & Schlösser GmbH
FSK:0
Förderer:Nordmedia

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Der Bewertungsausschuss hat dem Film einstimmig das Prädikat „wertvoll“ erteilt.

Lars Barthel hat hier im doppelten Sinne des Wortes den Film seines Lebens gemacht. "Mein Leben ist nicht dein Tod" ist seine filmische Selbstanalyse, ist eine beeindruckend radikale Trauerarbeit und das sensible Porträt einer Verlorenen.

Lars Barthels erzählt seine Liebesgeschichte mit der Inderin Chetna, die in den siebziger Jahren in die DDR kam, wo sie auf der Filmhochschule den jungen Kommilitonen kennen lernte. Schon damals sahen die beiden ihr gemeinsames Leben auch als ein gemeinsames Kunstprojekt, und so sind die verschiedenen Stadien ihrer letztlich tragisch endenden Liebe gut auf Film und Fotos dokumentiert. Und in diesen sieht man auch in den vermeintlich glücklichen Zeiten den verlorenen Blick von Chetna, die zwischen den beiden so unterschiedlichen Kulturen aufgerieben, nie wirklich in Deutschland heimisch und von Indien immer mehr entfremdet wurde. Was für Barthels eine Erweiterung des engen Horizonts des eigenen Heimatlandes war, entpuppte sich für Chetna als Irrweg, aus dem sie nicht wieder herausfinden konnte. Eine Qualität des Films liegt darin, dass Barthel ehrlich solche Widersprüche aufzeigt, wenn er etwa zeigt, dass er heute nach dem gleichen Muster mit einer Frau aus Jamaika zusammenlebt. Er hinterfragt sich und seinen Film ständig radikal und findet hierfür auch stimmige Bilder. Für jede Gesprächszene wurde eine lange Einstellung genau komponiert, wodurch ein ganz eigener Verfremdungseffekt entsteht: Wir sind uns immer der Kamera und des sich selbst beobachtenden Filmemachers bewusst. Auch wenn er sich nach Indien begibt, um dort sowohl die Asche von Chetna wie auch andere letzte Spuren von ihr zu suchen, stilisiert er diese Reise, indem er - anstatt konventionelle Bilder von Land und Leuten zu zeigen - oft große Schwarzweißbilder von seiner Herzensgeliebten in den Aufnahmen plaziert. Mit dieser Metapher für ihr Heimkommen arbeitet Lars Barthel auch, wenn er schließlich anstelle der nicht gefundenen Asche ihre Bilder verbrennt und deren Asche verstreut. Barthels Bilder sind oft noch viel stärker als seine Worte, und sein bemüht literarischer Erzählstil ist manchmal die größte Schwäche des Films. Es ist ihm auch nicht ganz überzeugend gelungen, in seinen imaginären Zwiegesprächen mit der Toten für diese eine überzeugende eigene Stimme zu finden. Dabei findet man in den kurzen Auszügen aus ihren Briefen viel authentischere Worte von ihr, die in ihrem nicht ganz korrekten Deutsch eine seltsame Poesie besitzen und in wenigen Momenten mehr von der Verlorenheit der Schreiberin erzählten als Barthels eigene sprachlichen Bemühungen.
Wie genau und wie verdichtet sind dagegen seine Bilder gebaut. Dieses Talent spürt man schon in den Ausschnitten von seinen in der DDR gedrehten und später dann zum Teil verbotenen und beschlagnahmten Filmen. Und was für eine grandiose Einstellung hat er beim letzten gemeinsamen Filmprojekt der beiden auf dem Schiffsfriedhof in Indien gefunden. Das Schiff, das langsam auf den Strand zuschwimmt und die beiden zuerst wie tot daliegenden Hunde - das ist eine meisterliche Impression von geheimnisvoller Trauer, die sich tief ins Gedächtnis einprägt.