Korczac

Kinostart: 21.03.91
1990
Filmplakat: Korczac

Kurzbeschreibung

Die authentische Geschichte des polnisch-jüdischen Arztes, Pädagogen und Schriftstellers, der um das Überleben von 200 Waisenkindern im Warschauer Ghetto gekämpft hat und 1942 mit ihnen in Treblinka vernichtet wurde.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Kategorie:Spielfilm
Gattung:Drama
Regie:Andrzej Wajda
Darsteller:Wojciech Pszoniak; Ewa Dalkowska; Piotr Kozlowski
Drehbuch:Agnieszka Holland
Kamera:Robby Müller
Musik:Wojciech Kilar
Länge:118 Minuten
Kinostart:21.03.1991
Verleih:Concorde
Produktion: Ziegler Film Filmproduktion
FSK:12

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Im Warschauer Ghetto während des Krieges beschließt der polnisch jüdische Arzt und Waisenhausleiter Dr. Korczak, auf alle ihm gebotenen Chancen, gerettet zu werden, zu verzichten, um die ihm anvertrauten 200 Kinder nicht im Stich zu lassen. Sein freiwilliger Opfergang in das Vernichtungslager Treblinka ist in Polen zur Legende geworden und wird in der Verfilmung von Andrzej Wajda fast zum Heldenepos hochstilisiert. Dass dem Spiel dennoch kein falsches Pathos anhaftet, dass die Titelfigur trotz allem ein glaubwürdiger Mensch bleibt, der auch mit seinen eigenen Schwächen fertig zu werden hat, ist das Verdienst des Hauptdarstellers Wojtek Pszoniak.

Der Bewertungsausschuss war sich in seiner uneingeschränkten Zustimmung schnell einig: Die Regie, die dem makabren Stoff keine Larmoyanz gestattet, die Kamera, in Schwarzweiß bedrückend echte Atmosphäre zeichnend, die Ausstattung – d.h. Milieurekonstruktion und akribische Detailschilderung – verdienen das höchste Prädikat. Wenn sich der Bewertungsausschuss dennoch nicht hierzu bereit fand, dann wegen des – wie in der Diskussion ausgeführt wurde – nicht eindeutig auszumachenden Anliegens und der ungenügend freigelegten Gedankenwelt der Titelfigur. War hier eine historische Aufarbeitung von Geschichte beabsichtigt? Ein moralischer Appell an die Menschheit, sich nicht noch einmal derartig zu erniedrigen? Die etwas einseitige Interpretation einer weitgehend konfliktfreien Persönlichkeit, bei der Ungenauigkeit in Charakterzeichnung und Motivation bewusst in Kauf genommen wurden? Oder ist nur die Tatsache, dass dem Arzt im Waisenhausghetto ein adäquater Gegenpart fehlt, Schuld an der Irritation des Zuschauers?

Immer wieder verlässt Korczak den Boden seiner nüchternen Situationseinschätzung , wenn er, aus seinem Tagebuch rezitierend, „Sehnsucht nach einem besseren Leben“ äußert oder den Willen offenbart, „trotz allem leben versuchen zu müssen“. Er sagt: „Ich habe keine Würde, ich habe 200 Kinder“. Doch der Schluss, ein mehr als würdiger, eine kühne, filmisch überzeugende Apotheose, die das christliche Versöhnungsmotiv aufgreift, straft alle Widersprüche Lügen; indem Wajda es wagt, her Realität abzustreifen, überhöht er Korczaks Botschaft zum zeitlosen Gleichnis.