Die Queen

Kinostart: 11.01.07
2006
Filmplakat: Die Queen

FBW-Pressetext

Ein Kronjuwel von Film mit dem Zeug zum Klassiker, der noch in 20 Jahren mit Witz und Geist funkeln wird, fesselnd, locker, ganz unangestrengt. Stephen Frears ist ein großer Wurf gelungen, ein wahrhaft königliches Meisterwerk, vergnüglich und spannend, scharfzüngig und leichtfüssig, berührend und emotional, traurig und lustig. Helen Mirren spielt die Rolle ihres Lebens als Queen Elisabeth II. Die Königin von England und der frischgebackene Premierminister Tony Blair in den Tagen des Unfalltodes von Lady Di, der „Königin der Herzen“. Ein Film für Monarchisten und ebenso für alle, die immer schon die Königshäuser abschaffen wollten.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Kategorie:Arthouse
Gattung:Drama; Biopic
Regie:Stephen Frears
Darsteller:Helen Mirren; James Cromwell; Michael Sheen
Drehbuch:Peter Morgan
Länge:103 Minuten
Kinostart:11.01.2007
Verleih:Concorde
Produktion: Pathé Productions / Granada Production, Pathé Productions
FSK:0

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Wohl jeder weiß noch genau, wo er war und was er tat, als er erfuhr, dass Princess Diana bei einem Autounfall starb. Es war einer der entscheidenden Momente der 90er Jahre - und ein Wendepunkt für Großbritannien. Die Briten benahmen sich angesichts der Trauer um Diana anders als gewohnt, ihre alten Tugenden wie die „stiff upper lip“ schienen obsolet geworden zu sein. „That´s the way we do things in this country“, aber sagt Helen Mirren als Queen Elisabeth II. angesichts des Trauerfalls und hält sich reserviert an die Etikette - ohne dabei zu ahnen, wie gefährlich falsch sie damit liegt. Währenddessen hat der Spindoctor des von Michael Sheen gespielten Premierministers Tony Blair
genau die Stimmung im Lande analysiert und mit „the people´s princess“ (die „Prinzessin des Volkes“ gegenüber der „Königin von England“) die Formulierung gefunden, mit der er seinem Chef genau die richtigen Worte in den Mund legen kann, um von der beinahe schon hysterischen Massentrauer um Diana für sich selber die größtmögliche Vorteile zu ziehen.
Um diesen politisch-gesellschaftlichen Konflikt zwischen dem alten und dem neuen England geht es in Stephen Frears´ hochkomplexen und überaus unterhaltsamen Film. Nicht hoch genug zu rühmen ist: Frears wird seiner Sache dabei so gut gerecht, dass beide Lager - die Anhänger und die Gegner der britischen Monarchie - einzelne Elemente aus „The Queen“ als absolut überzeugende und anschauliche Argumente für ihre Standpunkte verwenden können.

Natürlich liegt der Reiz des Film auch darin, dass er dem Zuschauer einen Blick durchs königliche Schlüsselloch bietet. Es ist wohl unmöglich, genau zu ergründen, welche Aktionen, Dialoge und Details dabei dem tatsächlichen Geschehen entsprechen und was von den Drehbuchautoren dazuerfunden wurde. Aber die einzelnen Szenen überraschen immer wieder neu durch ihrer Authentizität und ihre geschliffene Präsenz. Da ist nichts satirisch überzeichnet, nichts der voyeuristischen Gier nach Sensationen geschuldet oder ideologisch eingefärbt. Eine immense Neugier scheint Frears und sein Team dazu angestachelt zu haben, hier sehr tief zu bohren und dabei nach Wahrhaftigkeit zu suchen.
„The Queen“ besteht zum größten Teil aus intimen, häuslichen Szenen (wobei das Wort „häuslich“ bei den Royals allerdings neu definiert werden muss). Alle Darsteller fangen meisterlich die Manierismen der jeweiligen Figuren ein und erreichen so einerseits einen hohen Wiedererkennungswert, ohne den jedoch den Vorbildern besonders ähnlich zu sehen. Zum anderen sind die Darstellungen so subtil und pointiert, dass die Protagonisten oft nur durch einzelne Gesten oder aber gerade das Nichtgesagte vor unseren Augen mit all ihren Widersprüchlichkeiten und ihrem Charakter lebendig werden. So etwa die Szene am Fluss, in der die Queen wegen einer Autopanne für einige Momente wirklich alleine und in Ruhe gelassen ist und ihre Gefühle herauskommen lassen kann. Dezent zeigt uns die Kamera dabei nur ihren Rücken und ihre Wange - ein frontales Bild von der weinenden Queen wäre genau der spekulativ voyeuristische Schritt zuviel gewesen, den Frears in seinem ganzen meisterhaften Film und auch bei diesem hochdiffizilen Balanceakt souverän vermeidet.
Aber so virtuos und oscar-reif wie Helen Mirren die Queen verkörpert, reicht auch solch eine Andeutung aus. Virtuos beherrscht sie zum Beispiel auch die royale Kunst, zu zeigen, dass sie „not amused“ ist, ohne es je direkt auszudrücken. Wunderbar auch, wie sie nach und nach unter all dem Druck der Öffentlichkeit auf das hartherzig scheinende Königshaus immer kleiner zu werden scheint. In einigen Momenten kann man tatsächlich die Angst in ihren Augen und in der Körperhaltung erkennen.
Trotz all seiner anderen Qualitäten steht oder fällt der Film mit der Leistung von Helen Mirren - und sie spielt hier die Rolle ihres Lebens. Denn es gelingt ihr, deutlich zu machen, was für eine Überwindung und was für eine innere Stärke für Queen Elisabeth II. nötig war, damit sie sich überwand und öffentlich trauerte, womit sie dann letztlich ihr „Kingdom“ wohl in das Britannien des neuen Jahrtausends hinüberrettete - und inzwischen wieder politisch viel stabiler dasteht als der Populist Tony Blair. Auch diese Pointe setzt Frears noch in einer kleinen Dialogstelle.
So intelligent wird man im Kino selten unterhalten.