Deutschland. Ein Sommermärchen

Kinostart: 05.10.06
2006
Filmplakat: Deutschland. Ein Sommermärchen

FBW-Pressetext

Es fängt mit Tränen an und endet federleicht. Sönke Wortmanns WM-Dokumentation ist keine bloße Verdoppelung dessen, was ganz Deutschland im WM-Sommer erlebte. Auf eine angenehm sympathische Art wird deutlich, wie eine kleine Schar von jungen Spielern mit ihrem Mannschaftsgeist eine ganze Nation verzauberte und uns allen zu einer neuen Art von fröhlich entspanntem Patriotismus verholfen hat.
Prädikat wertvoll

Filminfos

Gattung:Dokumentarfilm
Regie:Sönke Wortmann
Länge:110 Minuten
Kinostart:05.10.2006
Verleih:Kinowelt
Produktion: Little Shark Entertainment GmbH, Little Shark; WDR; Arte
FSK:0

Jury-Begründung

Prädikat wertvoll

Sönke Wortmanns WM-Dokumentation ist keine bloße Verdoppelung dessen, was ganz Deutschland im WM-Sommer erlebte. Auf eine angenehm sympathische Art wird deutlich, wie eine kleine Schar von jungen Spielern mit ihrem Mannschaftsgeist eine ganze Nation verzauberte und uns allen zu einer neuen Art von fröhlich entspanntem Patriotismus verholfen hat.

„Im traurigen Monat November war’s – da reist ich nach Deutschland hinüber“ – so beginnt Heinrich Heine sein „Deutschland – ein Wintermärchen“ in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Deutschlands „Sommermärchen“ beginnt und endet dagegen in Sönke Wortmanns Film im Sommer 2006. Seine Protagonisten, das Team der deutschen Fußballnationalmannschaft mit dem dazugehörenden professionellen Umfeld, reist auch nicht wie Heine über Frankreich nach Deutschland, sondern der Film zeigt den Weg über Italien und die Schweiz in das Land der Fußball-WM 2006 bis zum erfolgreichen Spiel um den 3. Platz und zum „Weltmeister der Herzen“. Doch nicht das Märchen der Verwandlung Deutschlands wird filmisch erzählt, sondern das zwar erwünschte, aber unerwartete Erfolgsmärchen. Unter dieser Sicht löste der Filmtitel bei der Jury unterschiedliche Assoziationen und Erwartungen aus.

Wortmann erzählt aus dem sehr umfangreichen, mit meist nur einer (!) Kamera gedrehten Filmmaterial. Es gibt viele Interviews, oft, ja vielleicht zu sehr gehäuft im Hotelbett geführt. Er montiert mit geschicktem Kamerablick und Schnitt Auszüge aus allen Spielen der Nationalmannschaft ein, zeigt deren ausgelassene, gemeinsame Freude und fast wie eine „Rahmenhandlung“ die ehrliche, tiefe Trauer über die Niederlage gegen Italien im Halbfinale.
Der Film bringt diese Emotionen wie eine Neuinszenierung herüber und nimmt den Zuschauer mit, sogar bis an die Küste Kaliforniens zum Interview mit Jürgen Klinsmann im August 2006.

Bewusstes Wiederaufgreifen und -erkennen, angereichert durch recht unterschiedliche Blicke hinter die Kulissen. Meist sachlich, zuweilen auch humorvoll, überwiegend laut. Vermisst werden vor allem leisere Zwischentöne. Die „Märchenprinzen“ kommen dem Betrachter menschlich kaum näher. Von keinem aus dem großen Team erfährt der Zuschauer mehr als aus der Vielzahl der schon vorliegenden medialen Berichterstattungen und Kommentare. Nur einzelne Szenen bieten eine solche Behutsamkeit wie der Blick und die Reaktion des Mädchens aus dem Stuttgarter Hotelpersonal auf den Platz vor dem Hotel, wie sie vor der gewaltigen Anzahl Fan erschrickt und sich gleichzeitig freut, oder die Beobachtung des liebevollen Bereitstellens des Essens für die Mannschaft.

Fazit: Ein ansehnliches, erfreuendes Sommermärchen, das des Ansehens wert ist. Zugleich, wie mit dem gelungenen Abspann verdeutlicht, das Ergebnis vieler und auch ein offizielles filmisches Dokument. Ein Fußball-Team wie auch ganz Deutschland erleben, dass in unserem Land noch Märchen wahr werden können und ein gutes Ende haben, was wohl nur sehr wenige nach den fußballerischen Niederlagen des Frühlings gegen die Slowakei und Italien wirklich geglaubt hatten.