Jury-Begründung
Prädikat besonders wertvoll
Dies ist die Geschichte eines amerikanischen Nabobs, dessen Leben von einer maßlosen Ichbezogenheit motiviert und beherrscht wird. Sie ist ausladendes Symbol, das sich an beklemmenden Realitätsbezügen nährt. Daraus ergibt sich nahezu zwanghaft der Regiestil von Orson Welles, der diesen Film berühmt gemacht hat. Er ist unablässig in Spannung zwischen expressiver Übertreibung und distanzierter Parodie, zwischen bombastischem Szenenarrangement und präziser Dokumentation. Dieser Film gibt die Mystifizierung des amerikanischen Businessman und gleichzeitig seine kritische Entlarvung. Wie Orson Welles - auch als Drehbuchautor und Hauptdarsteller hervorragend - hier mit den filmischen Möglichkeiten im Sinne einer genauen Existenzerhellung manipuliert, erscheint schlechterdings genial. Licheffekte, Bildmontage, Kamerabewegung sind raffiniert verwandt, um die Wirklichkeit zu verfremden und sie dadurch in ihrer Essenz umso präziser zu formulieren. Groteske und Pathos haben dämonische Züge angenommen. Dieser Film ist mehr als ein Bericht, er ist ein symbolgetränktes Spektakulum, raffiniert stilisiert und kraftvoll zugleich. Seine stilbildende, bereits historisch fixierte Bezeichungskraft, die selbst den ungeheuerlichen Kitsch der Dekoration distanzierend einbezieht, steht außer Frage. Gleichzeitig ist dieser Film das authentische Bild amerikanischen Lebens zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt. Es ist der Zeitpunkt, da die Presse zum Mythos amerikanischer Wirklichkeit wird, eine Presse im Übrigen, die mit dem Namen Hearst untrennbar verbunden ist. Hier ist dieser expressive Film Dokument, das die Rückblende nahezu im Sinne eines authentischen Protokolls verwendet. Das Prädikat "besonders wertvoll" erscheint dem Bewertungsausschuss angemessen: nicht etwa deshalb, weil die filmhistorische Bedeutung von "Citizen Kane" bewiesen ist, sondern aus dem Grunde, weil die unmittelbare Wirkung dieses Films nicht schwächer geworden ist. Seine Stilmittel erscheinen frisch wie vor 20 Jahren.