Am Ende kommen Touristen

Kinostart: 16.08.07
2007
Filmplakat: Am Ende kommen Touristen

FBW-Pressetext

Filmemachen nach Auschwitz? Dies ist kein weiterer politisch-korrekter Film im Gestus offizieller Gedenktage, sondern eine wunderbar persönliche und sensible Annäherung an das heikle Thema Auschwitz im Erlebnisfeld einer jüngeren Generation. Eine sehr gute Filmgeschichte mit innerer Spannung, genauen Alltagsbeobachtungen, ganz ohne Effekthascherei und Betroffenheitsduktus. Ein Film der Beunruhigung, ungemein beeindruckend, offen, niemals belehrend. Zu Recht auch dieses Jahr in Cannes international aufgefallen und gewürdigt.

Filminfos

Kategorie:Spielfilm; Arthouse
Gattung:Drama; Spielfilm
Regie:Robert Thalheim
Darsteller:Alexander Fehling; Piotr Rogucki; Ryszard Roncezewski
Drehbuch:Robert Thalheim
Kamera:Yoliswa Gärtig
Schnitt:Stefan Kobe
Webseite:amendekommentouristen.de;
Weblinks:x-verleih.de; ;
Länge:85 Minuten
Kinostart:16.08.2007
Verleih:X Verleih
Produktion: 23/5 Filmproduktion, Das Kleinfernsehspiel; 23/5 Filmproduktion;
FSK:0

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Ein wunderbar persönlicher und sensibler Film. Bekanntlich mit autobiografischen Bezügen. Auch Robert Thalheim arbeitete als Zivildienstleistender in der Gedenkstätte von Auschwitz/Oswiecim. Doch „Am Ende kommen Touristen“ ist mehr, weit mehr als eine schlichte Erinnerungsarbeit.

Thalheim nutzte die eigenen Erlebnisse, um nun eine fiktive Figur in diesen Ort zu entsenden. Er lässt sein junges Alter Ego als eine Art Parzival oder Simplicius Simplicissimus in das heutige Auschwitz kommen und Erfahrungen der „denkwürdigen Art“ machen. Denkwürdig vor dem Hintergrund der historischen Dimension des Holocaust.

Der neue Simplicius trifft auf Menschen unterschiedlicher Generationen und Betroffenheit. Die Hauptkonstellation des Films führt ihn mit Krzeminski, einem überlebenden KZ-Insassen, zusammen. Krzeminski, gespielt von der polnischen Schauspiel-Legende Ryszard Ronczewski, restauriert Häftlingskoffer, ist im Lager wohnen geblieben und wird nach und nach von dem „neuen Erinnerungsbetrieb“ ausgesondert, wird „überflüssig“.

Autor und Regisseur Robert Thalheim ging es nicht darum, einen weiteren „politisch-korrekten“ Film zu drehen im Gestus offizieller Gedenktage und Jubiläumsreden, der im Grunde niemanden mehr aufregt und beunruhigt. Für ihn gehört zum Nachdenken über das Jahrhundertverbrechen die Irritation, das Setzen von Nadelstichen. Nadelstiche durch besondere Erzähldetails, zum Beispiel wenn Krzeminski in einem sogenannten Zeitzeugengespräch von deutschen Jugendlichen nach seiner Häftlings-Tättowierung gefragt wird. Er zeigt sie – Dialog: „Sieht man ja kaum noch“ – „Ich habe sie nicht erneuern lassen.“ Nadelstiche für das öffentliche Bewusstsein auch, wenn der Zivildienstleistende mit einem polnischen Kommentar konfrontiert wird „Die deutsche Armee ist wieder in Auschwitz.“ Mehrfach und nicht nur durch das „Aussortieren“ des einstigen Häftlings macht Thalheim Fragwürdigkeiten der „Erinnerungskultur“ schmerzhaft bewusst.

Geschichte und Geschichtsverständnis ist für den Film nicht ein linearer Prozess, vor allem nicht in den heiklen Zwischenräumen deutsch-polnischer Begegnungen und Beziehungen.

Doch bei allen aufklärerischen Tugenden „Am Ende kommen Touristen“ gerät nie zum Thesenfilm. Er bleibt eine gute, sehr gute Filmgeschichte, mit innerer Spannung, genauen Alltagsbeobachtungen, ein Film der Beunruhigung, ohne Effekthascherei – gleich welcher Art.