Als Namibia eine Stadt war...

Filmplakat: Als Namibia eine Stadt war...

FBW-Pressetext

Yusuf hat sich mit seinem tristen Alltag arrangiert: Morgens schickt er seine Frau mit belegten Broten zur Arbeit, dann macht er sich Kaffee und setzt sich vor den Computer, während im Hintergrund der Fernseher vor sich hin dudelt. Als ein Freund ihn bittet, mal wieder gemeinsam angeln zu gehen, folgt er zunächst sehr widerwillig. Doch dann geschieht etwas, was einen Funken Hoffnung in Yusuf auslöst – wenn auch nur für kurze Zeit. Die Filmemacher Ilker Catak und Johannes Duncker beweisen mit diesem Kurzfilm Mut zur Langsamkeit. Dabei gelingt ihnen, unterstützt von wahrhaftigen und deshalb so überzeugenden Darstellern, die erzählerische Gratwanderung zwischen Desillusionierung und aufkeimender Hoffnung, ohne beides zu dramatisch in Szene zu setzen. Ruhige und präzise Bilder, reduzierte Dialoge und eine stimmig erzählte Geschichte schaffen so einen starken überzeugenden Film.
Prädikat besonders wertvoll

Filminfos

Gattung:Kurzfilm
Regie:Ilker Çatak; Johannes Duncker
Darsteller:Yusuf Çatak; Tamer Kazar; Ceyda Catak; Ayda Arbatli
Drehbuch:Ilker Çatak
Kamera:Johannes Duncker
Schnitt:Ilker Çatak; Johannes Duncker
Länge:24 Minuten
Produktion: Ilker Catak

Jury-Begründung

Prädikat besonders wertvoll

Yusufs Alltag ist gleichförmig und ereignislos, und irgendwie hat er sich damit arrangiert: Morgens schickt er seine Frau mit belegten Broten zur Arbeit, dann macht er sich Kaffee und setzt sich vor den Computer, während im Hintergrund der Fernseher läuft. Die Menschen in seiner Umgebung versuchen zwar, ihn aus seiner Routine zu reißen, aber selbst seinen Geburtstag verbringt er unspektakulär im engsten Familienkreis mit Frau und Tochter. Auch als sein Freund Tamer ihm eine winterliche Angeltour vorschlägt, folgt er nur widerwillig. Im letzten Moment nimmt er den Fotoapparat mit, den seine Frau zu seinem Geburtstag hat reparieren lassen. Und dann passiert auf dem zugefrorenen See etwas, was einen Funken Hoffnung in Yusuf auslöst und ihn zu neuen Aktivitäten motiviert – wenn auch nur für kurze Zeit.

Der Kurzfilm ALS NAMIBIA EINE STADT WAR … zeigt einen Mann in der Identitätskrise: Er hat seine Rolle als Oberhaupt und Ernährer der Familie verloren. Während er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, ist seine Frau nach wie vor berufstätig, und die erwachsene Tochter bereitet sich auf ihr Examen vor. Die Geschlechterrollen sind vertauscht, was Yusuf in dem Moment schmerzlich bewusst wird, als ihm beim gemeinsamen Stadt-Land-Fluss-Spiel der peinliche Fehler unterläuft, Namibia als Stadt zu listen, was die Frauen natürlich besser wissen. Dann jedoch scheint das plötzliche Anglerglück den Beweis zu liefern, dass er dennoch zu etwas nutze ist.

Die Filmemacher Ilker Catak und Johannes Duncker beweisen mit diesem Kurzfilm Mut zur Langsamkeit. Durch die genaue Beobachtung eines Alltags zwischen Computer, Satelliten-Fernsehen und Telefon zeichnen sie das Porträt eines zutiefst verunsicherten Mannes, der seinen neuen Platz im Leben noch nicht gefunden hat. Dabei sind ihnen die kleinen Regungen und Gesten wichtig, die von der Kamera genau eingefangen werden. Ohne vordergründige Dramatisierung und Emotionalisierung gelingt ihnen, unterstützt von wahrhaftigen und deshalb so überzeugenden Darstellern, die erzählerische Gratwanderung zwischen Desillusionierung und aufkeimender Hoffnung. Ruhige und präzise Bilder, reduzierte Dialoge und eine stimmig erzählte Geschichte schaffen so einen starken überzeugenden Film.